14.11.10

Austern-Safari im dänischen Wattenmeer-Rømø

Das 10. Mal in Folge verlebte ich meinen Herbsturlaub mit Freunden in Dänemark. Die kleine Nordseeinsel Rømø, die wir über einen Damm erreichten, bot auch in diesen Novembertagen viele Möglichkeiten im Freien die Natur zu erleben.

Ein großes Highlight war die spannende Wattwanderung zu den Austernbänken vor der Küste. Flämming, unser wettergegerbter dänischer Naturführer, begleitete uns bei Ebbe durch den schwarzen Modder des weiten, weiten Watts. Nicht alle unsere Gummistiefel waren so dicht, dass die Füße trocken blieben. In dem schlickigen Untergrund gab es immer wieder kleine Wasserläufe, in denen man zu versinken drohte. Als wir die ersten Muschelbänke erreicht hatten, war das Ernten eine kalte, nasse Angelegenheit. Die Biester hingen oft in größeren Klumpen zusammen und an ihren scharfen Kanten konnte man sich leicht schneiden. Wir sammelten die Schalentiere reichlich in unsere Eimer.
Die Pazifische Felsenauster (Crassostrea gigas) hat sich erst in den letzten Jahrzehnten auf den Nordseebänken breit gemacht und sie stören durch ihre Bio-Invasion das ökologische Gleichgewicht der Wattlandschaft. Klimaerwärmung (steigende Meerestemperatur) macht`s möglich. Jeder kann für seinen eigenen Bedarf den Hauch von Salzwasser, Muskelfleisch und Luxus einsammeln. Nur die Gezeiten bestimmen den Aufenthalt. Die ersten Exemplare haben wir roh vor Ort probiert, doch einige meiner Freunde haben sich so vor dem glibberigen Inhalt geekelt, dass sie sich nicht überwinden konnten, sie lebend zu verspeisen.


Zurück aus dem Watt erzählte uns Flämming in der alten Trøjborger Schlossruine viel Wissenswertes über die Austern, ihre Geschichte in Dänemark und ihre Verarbeitung. Es gab wohl auch Zeiten, in denen der dänische König das Sammeln der Nordseeaustern für das gemeine Volk unter Todesstrafe stellte. Mit einem speziellen Austernmesser öffnete er uns die Austern, die wir mit Zitrone und Sekt zu uns nahmen.
Die Austern bleiben auch nach dem Ernten einige Tage frisch, allerdings halten sie an der Muschel- Kalkhülle sehr fest und ergeben sich nicht so leicht ihren Fressfeinden.
Wir haben einen großen Teil auf den Grill gelegt und sehr kreative Dipps dazu serviert. Der Gatte war verschlossen wie eine Auster und entsagte der Leibspeise der Reichen vollständig.


Villa, die nachts von lebenden Austern im Bauch träumt.

31.10.10

Wein trifft Kürbis

Das wunderschöne Herbstwochenende veranlasste mich, meiner selbtgewählten Dokumentationspatenschaft über den neu angelegten Weinberg am Fuße der Kunitzburg nachzukommen. Und sie sind wunderbar gewachsen die 7000 Reben, ca. ein Meter hoch. Allerdings entdeckte ich auch eine üppige, spontane Wildflora (Unkraut), da ist wohl ein kleiner Hackeinsatz von Nöten.

Einmal auf dem Weinweg, beschlossen wir, der Weinstraße an Saale und Unstrut zu folgen und eventuell unsere Vorräte des Jahrganges 2009 aufzufüllen. Unser Ziel war der sehr ambitionierte Winzer Frank Böhme des "Gleinaer Weingutes Böhme", der in den letzten Jahren ein gutes Gespür für Spitzenqualität bewies. Zahlreiche prämierte Weine, Ehrenpreise und die Auszeichnung "Empfehlenswerter Betrieb" im Gault Millau Wein Guide gaben nicht alleine den Ausschlag, sondern unserer vorgeprägter, rein subjektiver Weingeschack. Weinbauern sind oft sehr nett und unkompliziert. Wir platzten unangemeldet, jenseits offizieller Öffnungszeiten, in das Weingut. Obwohl am Vormittag die anstrengende selektive Traubenlese von Hand die Winzer beschäftigte, nahmen sie sich viel Zeit für uns. Frank Böhme gewährte uns Einblicke in seine Betriebsabläufe, seine Umbaupläne und seine Weinphilosophie. Sein persönliches Ziel ist es, auch einen qualitativ guten Rotwein in unseren Breitengraden, also weg vom ausschließlichen Weißweinimage, zu erzeugen. Hilfe hatte er vom Jungwinzer Hendrik Bobbe. Dieser hat gerade seine Ausbildung im Weingut Pawis absolviert, stellt dem Gleinaer Weingut Böhme seine Arbeitskraft zur Verfügung und sammelt dabei wertvolle Keltererfahrung.

Leider war unser Lieblingswein vom letzten Jahr restlos ausverkauft, aber ein paar gute Tropfen konnten wir dennoch erwerben. Am Nachmittag sollten die letzten Trauben geerntet werden und wir wünschen guten Ertrag und uns weiterhin edle alkoholische Traubengetränke.

Auf unseren Heimweg kamen wir an einem riesigen Kürbisfeld vorbei. Die große Vielfalt hat mich verblüfft und an einem kleinen mobilen Kürbisstand erwarben wir passend zu Halloween ein mittelschweres Exemplar.

Inzwischen ziert der Kürbis als Fratze Phillipps Garten, fraglich ist, ob er wirklich böse Geister abzuschrecken vermag.


Wein traf Kürbis, ein Wochenendausflug am letzten Oktobertag - Villa

26.10.10

Jena zeigt Kunst auf nackter Haut

Alt ist die Kunst der Körperbemalung. Mir fällt da spontan die "Kriegsbemalung", DAS Klischee in alten Indianerfilmen, ein.
Ob Bodypainting Kunst ist, bleibt dem Betrachter überlassen und dazu hat er am kommenden Freitag ausreichend Gelegenheit. Fünf Bodypainter, darunter der Weltmeister im Bodypainting, Enrico Lein, werden die allerdings kurzlebigen und eventbezogenen Kunstwerke vor aller Augen in der Goethe Galerie entstehen lassen. Exotisch bunt wird es zugehen auf diesem Body Art Festival und wem das nicht ausreicht, der kann in der Neuen Mitte selbst Modell stehen und sich ein Grusel-Bodypainting auftragen lassen. Halloween lässt grüßen.

Vor einiger Zeit konnte ich im alten Astoria Kino unter dem Markt die sehr erfolgreiche Ingrid Bingler (geb.1941) bei ihrer dreidimensionalen Bodypaint-Performance beobachten. Sie schuf eindrückliche Visionen mit intensiver Farbigkeit.

Wer sich allerdings über die viele nackte Haut empören sollte, hat dazu auf dem Markt die beste Gelegenheit. Die Imaginata und die Staatlichen Berufsbildenden Schule Jena-Göschwitz haben gestern inmitten des Wochenmarktes eine 6 Meter hohe, begehbare "Treppe der Empörung" errichtet.

Kein Treppenwitz-Villa

04.10.10

Wenn in Jena die Köche tanzen

Wenn in Jena die Köche tanzen, dann haben die Jena-Saale-Holzland-Köche, mit ihrem Vereinsvorsitzenden Lutz Melchert, zu ihrem alljährlichen Köcheball eingeladen. Unter dem Motto "Bewegende Momente" wurde uns ein sehr genussvoller Herbstauftakt geboten. So langsam platzen dafür die Räumlichkeiten im Hotel am Stadion/Thür. Sozialakademie aus allen Nähten, dennoch bleibt diese Veranstaltung fast familiär und nicht abgehoben. Spannend wie in jedem Jahr war die kulinarische Plattenschau der auszubildenden Jungköche. Die Wertungen fielen schwer, alle wussten sich gut ins Licht zu setzen und stellten sich dem fairen Wettkampf. Die aufgetischten Köstlichkeiten waren eine Mischung aus Gaumenfreuden und Kunsterlebnis.

Der stattliche Chefkoch Melchert erwies sich wiedereinmal als perfekter Entertainer, der das Publikum und seine Mannschaft im eigenen Haus gut im Griff hatte. Von Daniel Ficker aus dem 3. Lehrjahr kam die pochierte Lachskreation. Passend zum Thema zeigten die Akteure der Bewegungsküche Jena ihr tänzerisches Können. Die jungen Leute zeigten uns, zu was man körperlich noch in der Lage ist, wenn sich Muskelfleisch noch nicht in Bauchspeck umgewandelt hat. Ein wenig Bewegung nach all dem Probieren, Kosten und Testen ergab sich bei einem Tänzchen mit dem Gatten zur Live-Musik der Band PARTYLINE aus Camburg.

Den Publikumspreis der Ausstellungsplatten erhielt, wie auch in den vergangenen Jahren, das "Gasthaus am See" aus Hainspitz. Dafür meinen herzlichen Glückwunsch.

Newcomer in diesem Jahr waren die Brüder Nico und Danilo Kropf aus dem Burgaupark. Sie interpretierten die moderne Küche auf eigene, unverwechselbare Art. Ihre Gugelhupf-Variationen und die Steinbeißer in der Gemüsematte waren optisch eine Augenweide.
Der Köcheball war eine großartige Veranstaltung und ein ungetrübtes kulinarisches Erlebnis. Bleibt noch zu erwähnen, dass der Gatte beim Kräutergewinnspiel gewann und in dem Preispaket eine schöne Rennfahrerbrille war. Wenn das kein Glück ist?

Das hohe Lied der Bewegung sang ich am nächsten Tag im Wald, bei Pfifferlingen, Schirmpilzen und Maronen.

Villa mit neuem Speiseplan im Kopf

'PS:'. Doppelklick auf Fotos macht zweimal groß

02.10.10

Treibgut ahoi

Bei dem Kommentargeplänkel um den Seifenkistenbau schickte mir Andreas Koch (Jenaer Ingenieur, Bastler, Filmemacher und LNTler) den Video-Link seines Buddelschiffsbau. Seit einigen Jahren segeln die Narren des traditionsreiche Jenaer Faschingsverein "Lustiges Närrisches Treiben" (LNT) mit dem Segelschiff "Meridiaan" auf Ijsselmeer- und Wattenmeer vor den Niederlanden. Das Projekt "Sailing Kids" ermöglicht jungen Krebs-Patienten der Jenaer Kinderklinik eine unbeschwerte Segelwoche auf der Nordsee. "Kochi" zeigt in seinem Video seinen Buddelschiffsbau der Meridiaan. Etwa 200 Stunden hat er gebraucht die Nachbildung in die große Kümmerlingflasche zu verbringen.



Phillipp wettete mit mir, dass er es schaffen würde, in drei Minuten ein Buddelschiff in eine kleine Kümmerlingflasche zu basteln. Dem achtjährigen Nichtenkind fiel die Aufgabe zu, den Spaß mit ruhiger Hand zu filmen.



Um nicht als frivole Galionsfigur zu enden, setze ich mir heute die Kochmütze auf und begebe mich als Kombüsenjunge auf eine kulinarische Reise. Ziel der Reise werden die Gaumenfreuden auf dem Köcheball der Jena-Saale-Holzland-Köche sein.

Treibgut kann viele Geschichten erzählen - Villa

26.09.10

Jena wie gemalt

Im letztem Jahr sah ich eine schöne Ausstellung Jenaer Stadtansichten in der Rathausdiele. Leider gab es dort keine Flyer oder Visitenkarten des Malers und der russische Name entglitt mir schnell aus dem Gedächtnis. Nicht so seine Bilder! Seither suchte ich in Jenaer Galerien nach den Spuren des mir unbekannten Künstlers. Vergebens! Am Freitag jedoch begegnete mir auf dem Arbeitsheimweg in der Johannisstraße ein junger Mann, sitzend auf einem Schemelchen vor einer Staffelei. An der Art seines Bildes erkannte ich meinen gesuchten Kunstschöpfer. Wir hatten ein sehr nettes Gespräch und er erzählte mir, dass er ab Samstag in der Kneipengalerie "Zur Noll" eine kleine aktuelle Ausstellung hätte. Leider verpasste ich gestern Valeriy Solovey dort und wie mir Geschäftsführer Andreas Jahn berichtete, hätte er, der sehr bescheidene Maler, keine Eröffnungsvernissage geplant.

Der in Charkow in der Ukraine geborene Valeriy Solovey ist in der Jenaer Volkshochschule als Lehrer tätig und Mitglied des Verbandes Bildender Künstler Thüringen. Seit 20 Jahren hatte er zahlreiche Einzelausstellungen im In- und Ausland, davon 10 in Jena. Hinweise über sein weiteres mannigfaltiges Schaffen fand ich auf seiner russischen Art-Studio-Seite. Ich liebäugele sehr mit einem bestimmten Jenabild, mal sehen was daraus wird.

Wie gemalt war auch das Wetter beim Altstadtfest letzte Woche in Jena. Bei fast sommerlichen Temperaturen war die "Gute Stube" stets gut besucht. Während Russkaja den Marktboden in ein schwankendes Oberdeck zu verwandeln schien, empfand ich das Konzert der Berliner Bluesrockband "Engerling" als saft- und kraftlos (Wo waren die Bässe?). Dem Gatten hat allerdings gerade dieses Konzert sehr gut gefallen. Gestern war Schluss mit schönem Wetter, auch wenn mein Lieblings-Tubaspieler Martin Marczinke und die Herren von "Brass up" aus Weimar mit dem Titel " Wochenend und Sonnenschein" tapfer gegen den strömenden Regen ankämpften.

Nicht gemalt waren die mythischen Fabelwesen aus der Welt der Antike in der Goethe Galerie. Bis zum 25. September lief die Ausstellung "Aufruhr der Titanen" der Bernd Wolter Design GmbH. Gigantische Ausmaße erreichten die zehn Titanen von Zentaur bis Pegasus und mir schien, das einzelne große Auge auf der Stirn des 4,50 Meter großen Zyklopen würde mich durch die ganzen Stadt verfolgen.

Mit beiden Augen sehend freue ich mich auf das bunte Kleid des Herbstes - Villa

20.09.10

Phillippnase

Rennbericht von Phillipp



Borgen bringt Sorgen, ich weiß.

Aber bloß gut, dass ich meinen Helm beim ersten Winzerlaer Seifenkistenrennen einem jungen Mann mit einer Art Dreirad lieh. In der ersten Kurve schon lag sein Gefährt auf der Seite und der Helm war um eine ordentliche Schmarre reicher. Glück gehabt. Er war so freundlich, ihn mir durch einen Fahrerkollegen in letzter Minute wiedergeben zu lassen, und so konnten wir unsere Fahrt noch pünktlich mit per Los zugeteilter Startnummer 6 antreten. Nicht ganz so viel Glück hatte ich mit meiner Schutzbrille, die wurde mir zwar jedes Mal eilig am Ziel von Mitstreitern des Organisatoren-Komitees abgenommen, damit andere Fahrer auch regelkonform bebrillt die sehenswerte Winzerlaer Wasserachse herunter düsen konnten, am Schluss aber (was hatte ich erwartet?) bekam ich sie nicht zurück.

Aber was soll’s! Dabeisein ist schließlich alles!

Nachdem wir gut 3 Wochen unermüdlich nach Feierabend und an den Wochenenden an unserem Seifenkisten-Flitzer geschraubt und geschliffen hatten, haben wir heute an unserem Premierentag doch so manches Lob dafür bekommen. Viele wollten gar nicht glauben, dass wir alles selbst gebaut haben. Aber die eifrige Villa hat ja alles auf ihrer Blogseite dokumentiert.

Das Rennen selbst, war ganz prima abgesichert und auch die Streckenführung konnte begeistern. Immerhin… bei welchem Seifenkistenrennen darf schon angeschoben werden?

Allerdings war die Veranstaltung einfach zu lang. Ehe so die Siegerehrung als letzter Akt begann, hatte sich ein Großteil der Zuschauer auf den Heimweg gemacht, und auch unser jüngstes Teammitglied Lina hatte nach gut 5 Stunden einfach die Nase voll, und mochte die uns auf dem Heimweg eilig nachgetragenen Trostpreise (?) nicht mehr. Zugutehalten sollte man ihr allerdings, dass sie die letzten Tage mit Scharlach zu kämpfen hatte, und ihr die Seifenkistenbauerei wohl auch noch ein wenig in den achtjährigen Knochen steckte. Ich vermute mal, sie hatte ein wenig auf den Titel „schönste Seifenkiste“ spekuliert, aber den gewann ein Team mit einigen großen Spinnen auf ihrem scharlachroten Boliden. Da muß man auch mal aufrichtig gratulieren!

Am Ende durften wir uns immerhin über 6 Stck. Thüringer Waldquell-Gläser freuen. Und, wer weiß, vielleicht bauen wir ja nächstes Jahr eine passende Schrank-BAR mit Rädern dazu. Eine Brille dafür können wir sicher ausleihen.

Veranstalung: 1. Winzerlaer Seifenkistenrennen
Zeit: 18.09.2010 12:00-17:30 Uhr
Team: Jena lebt , Lina Rabea-Villa-Phillipp
Spaßfaktor: hoch
Lernfaktor: jede Menge, sollte in Schulen ein Projekt sein
Das Beste daran: unsere 1. Seifenkiste, gemeinsam packen wir (fast) alles

Phillipp




Danke Phillipp und weil es so schön war, gibt es noch dieses kleine Video zur Erinnerung.

19.09.10

Das große Rennen

Am Freitag vor dem Renntag haben Phillipp und ich nochmal einen Urlaubstag geopfert, um die letzten Arbeiten zu verrichten. Sehr nett war die Begegnung mit Bernd Adam, der auch ein phantastischer Fotograf ist und von seinem letztem Urlaub in den Nationalparks Afrikas schwärmte. Er hatte die Aufkleber nach unseren Wünsche gestaltet und das sorgfältige Anbringen dauerte zwei Stunden. Es zeigte sich, dass die tagelange Spachtel- und Schleifarbeit sich gelohnt hatten. Wir hatten glatte Flächen.
Viele Kleinarbeiten waren noch vonnöten (besonders das Heißluftbiegen einer Plexiglasscheibe für die Windschutzscheibe), sie verzögerten unseren Probestart bis in den frühen Abend.

Endlich gegen 18.00 Uhr verluden wir die Kiste in den Transporter und starteten zur ersten Probefahrt am Heiligenberg. Es war ein berauschendes Gefühl, am Bach entlang das erste Fahrgefühl zu entwickeln. Leider stellte sich dabei heraus, dass sich die Vorderachse leicht nach oben bog und an der Karosserie schrammte. Also zurück in die Werkstadt und den Fehler beheben. Noch vor Mitternacht schweißte mein unermüdlicher Chefkonstrukteur zwei Türgriffe über die Achse. Völlig verfroren und total übermüdet, versuchte ich ihm dabei zu helfen. Mitternacht war es dann soweit, wir erklärten den Seifenkistenbau für beendet und fuhren für eine Mütze Schlaf nach Hause.

Die Strecke Wasserachse Winzerla empfing uns im Sonnenschein und nach Anmeldung und Startgeldbegleichung wurde uns unsere Starternummer, die Sechs, zugewiesen. Nun kam die Stunde der Wahrheit, würde unser Teil vor den gestrengen Augen des TÜVs bestehen? Es gab keine Beanstandungen und so begaben wir uns zur offiziellen Einweisung und einer Streckenbegehung. Inzwischen war auch schon ein großer Teil unserer Fangemeinde aus Nah und Fern an der Stecke erschienen und wir bedanken uns recht herzlich bei Familie und Freunden. Während der oft langen Wartezeiten kam es zu vielen Fachsimpeleien unter den Tüftlerkollegen und wir staunten, wie kreativ alle Teilnehmer waren. Auch sahen wir die eine oder andere Problemlösung, die wir beim Seifenkistenbau gut hätten gebrauchen können. Allerdings nervten uns zunehmend die unterschwelligen Unterstellungen, wir hätten unsere Kiste nicht selbst gebaut. Gut, dass ich den Werdegang genau dokumentiert habe. Wir hatten hohe Ansprüche an uns und den Bau und ich glaube, wir können zurecht stolz auf unsere Leistung sein.

Sehr gut war die ganze Veranstaltung organisiert und wir danken allen Beteiligten aus dem Stadtteil Winzerla. Vielleicht entwickelt sich ja eine Tradition daraus und es wird als Bereicherung angenommen. Die Strecke eignet sich prima dafür.

Hier ein paar Schnappschüsse von den Fahrerkollegen. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt, mein Favorit war das gefleckte Kuhmobil.

Hier der schnellste Flitzer. Da passte einfach alles für eine schnelle Zeit. Glückwunsch!

Dies war die schönste Seifenkiste nach dem Willen der Jury. Glückwunsch!

Das Fahren selbst war ein riesiger Spaß für uns. Beim 1. Durchgang starteten Phillipp und Villa, beim 2. Durchgang Phillipp und Lina Rabea. Immerhin in unserer Altersklasse 3 hat es für den 3. Platz gereicht. Leider sind nicht alle Rennboliden ins Ziel gekommen, aber Gaudi hatten sie alle - vom Kleinkind bis zum Rollatorgeschwader.

Die Auswertung zog sich sehr in die Länge, da besteht im Falle einer Wiederholung eindeutig Verbesserungsbedarf. Fototermine und Interviews gehören nun mal zum Rennsport und bis zur Siegerehrung gab es reichlich davon.

Völlig ausgehungert verlegten wir unsere Aftershowparty auf den Jenaer Markt. Dort findet der traditionelle Herbstmarkt statt und die österreichische Skaband Russkaja hatte ihren großen Auftritt. Die treibende musikalische Mischung war für mich genau das Richtige, um die Anspannung der vergangenen Tage abzubauen. Russkaja -Psychotraktor muss man einfach live erleben. Letztes Jahr in der Kulturarena und gestern auf der Marktbühne waren sie umwerfend. Wir haben den Kosmos erreicht, meinte der Sänger, ich bin auch ein wenig froh, dass sich mein Kosmos nun nicht mehr nur um die Seifenkiste dreht.

Riesengroßen Dank an Phillipp! Du hast dein Versprechen vom letztem Jahr gehalten. Wir haben die Seifenkiste gebaut und sie ist toll geworden.
Villa, Team Jenalebt

16.09.10

Der letzte Schliff

Nur noch der Freitag bleibt uns, der Seifenkiste den letzten Schliff zu verpassen und das Teil zu testen. Aus Sicherheitsgründen hat Phillipp die Stempelbremse gegen eine Felgenbremse getauscht. Gut so!

Villa im Lampenfieber

14.09.10

Seifenkistenbau - Kurz vor Ultimo

Letztes Wochenende hat mir mein Sonderstreckenposten Biggi Aufnahmen der Streckenführung des Seifenkistenrennens in Jena-Winzerla gemacht. Es wird schwierig, unser Doppelgefährt durch die kurvige Strecke zu lenken. Auch die Bremsen müssen dem Gefälle standhalten. Für die rasante Schussfahrt werden 100 Ballen Stroh, 200 m Plasteabsperrzaun, ein Krankenwagen mit zwei Sanitätern vom DRK und Security-Leute sowie Freiwillige und Mitarbeiter der Veranstalter bereitgestellt. Die Rennstrecke wird zwischen 13 und 14 Uhr für eine Probefahrt freigegeben, während die eigentlichen Rennen ab 14.00 Uhr stattfinden. Das Rennfieber in unserem Fahrerlager ist durch die Frage der Tauglichkeit unserer tollkühnen Kiste noch arg gebremst. Endlich haben wir geeignete Räder. Freitagabend trafen die georderten zwei Lastenanhänger im Rennstall ein und ich glaubte nun rollt die Kiste. Aber mein Chefkonstrukteur Phillipp bekam Probleme mit einem Radachsen-Feingewinde. Seine Aussage, die Räder müssten fluchten, war mir unverständlich und da er mich wieder mit Schleifarbeiten beschäftigte, wollte ich lieber flüchten.

Erneut wurden die kleinen Löcher und Dellen verspachtelt und geschliffen. Samstag im Baumarkt wollten wir nun den Farblack und den schützenden Klarlack kaufen. Bei der Farbauswahl sind immer Emotionen im Spiel und ich hatte mich in eine Vespa-Retro-Racing-Farbe verguckt, sportlich und formvergrößernd. Die Unsitte, immer nur ein Stück des gewünschten Artikels vorrätig zu haben und der Satz "das können wir bestellen", bescherte uns eine vergebliche Einkaufstour. Kurz vor Zwölf Uhr mittags erwischten wir in einem Jenaer Autohaus den Maler- und Lackierermeister Karsten Schumann, der uns trotz Umbaustress und Wochenendlaune aus fünf Farbkomponenten das gewünschte Pastellbeige (kein Taxi- oder Krankenwagenbeige) für die Karosserie elektronisch zusammenmischte. Auch der 2-Komponenten-Klarlack gehörte zu unserer Ausbeute.

Unterstützt wurden wir, sowohl moralisch als auch mit Lebensmitteln, an diesem arbeitsreichen Wochenende von unseren Familien. Besuche im Fahrerlager waren immer gerne gesehen und wir wurden ausgezeichnet mit Delikatessen versorgt.
Waren es mein kraftloser Schleifarm oder die zu guten Speisen? Als wir uns zu einem Probesitzen am Samstagabend wie die Ölsardinen in den Flitzer quetschten und sich mein Po-tenzial im Wageninneren ausbreitete, war uns der Ausstieg nicht mehr möglich. Minutenlang lachend und weinend zugleich sah mein Rauskommen schließlich doch sehr unelegant aus. Am Renntag hoffe ich nun auf starke Boxenluder (gibt es davon auch eine männliche Form?), die mir betagtem Mädchen unauffällig aus der Soap Box helfen.

Am späten Sonntagabend, zur heiligen Tatort-Zeit, erfolgte die erste klitzekleine Probefahrt. Die Räder haben die Spur gehalten, der Lenkeinschlag ließ einen gewissen Kurvenradius zu und wir hatten die Kontrolle über die Seifenkiste.


Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, unseren Windkanalflitzer in die Königsklasse der Seifenkisten zu führen, es ist kurz vor Ultimo - Villa

08.09.10

Schleifen bis der Arzt kommt

Schleifen, das Fertigungsverfahren zum Formen, Schärfen und Glätten bestimmte die letzten Tage unseres Seifenkistenbaus. Zuvor musste wegen der doch kurfenreichen Rennstrecke der Lenkeinschlag vergrößert werden. Auch die Bremsbeläge hat Phillipp aus dem Autoreifen gefertigt und ich hoffe, die aus dem profiliertem Gummi gebastelte Stempelbremse, erfüllt ihre Aufgabe. Bernd Adam und seine in Jena renommierte Werbeagentur, erhielt die Druck- bzw. Plotdaten für unsere Gestaltungselemente und er erklärte sich freundlicherweise bereit, die Aufkleber selbst an der Seifenkiste anzubringen. Allerdings braucht er dafür glatte Flächen und das heißt für uns schleifen, schleifen, schleifen.

Dafür wurde die Seifenkiste mit Zinkspray in einen Silberfeil verwandelt, mir gefiel das Aussehen schon so, aber mein gestrenger Lehrmeister wollte damit nur erkennen, wo noch Unebenheiten vorhanden waren. Der ganze schöne Silberlack wurde also wieder abgeschliffen. Während dessen erzählte mir Phillipp die Geschichte, wie Mercedes-Benz zu dem Namen "Silberpfeil" kam und natürlich hatte auch sie mit Schleifen zu tun. Bei der technischen Abnahme zum Eifelrennen 1937 wog das Rennauto zu viel und sie kamen auf die Idee, das Auto über Nacht auf das zulässige Gewichtslimit abzuschleifen. Sie schrubbten den Lack bis auf das silbern glänzende Aluminiumblech herunter.
Löcher, Dellen und Unebenheiten wurden mit 2-Komponenten-Spachtelmasse behoben. Dabei mussten wir zügig Hand in Hand arbeiten. Ich mischte die Zutaten zu einer breiigen Masse (ähnlich wie beim Kuchen backen) und der Baumeister spachtelte sie auf. Natürlich wurde danach wieder geschliffen.
Die letzten zwei Tage ließ ich meinen Kompagnon allerdings alleine schleifen, mir wurden von meiner Zahnärztin die Zähne abgeschliffen und auch mit 2-Komponenten-Masse Ersatz moduliert. Was tut man nicht alles für ein strahlendes Siegerlächeln?! Diesen für mich negativen Stress versuche ich in positiven Stress umzuwandeln, indem ich mir die Route für unsere Einfahrstrecke überlege. Gut, dass die neuen Kronen da noch nicht drin sind.

Im Schleiftrauma Villa

05.09.10

Ich hab noch einen Koffer in Berlin

Von Cuentacuento
Am Vormittag Schauer, am Nachmittag länger anhaltenden Regen hatte der Wetterbericht für Berlin angedroht – und sich wieder einmal, diesmal zu unseren Gunsten, geirrt. Den vorsichtshalber mitgenommenen Schirm brauchte ich jedenfalls nicht, als ich Villa gestern kurz nach 10 Uhr vom Bahnhof abholte, und am frühen Nachmittag schlürften wir unseren Cappuccino in der Sonne und fühlten uns wie Urlauber in der Altstadt von Spandau „bei Berlin“, wo die Zeit ein bißchen gemächlicher zu vergehen scheint, als in der hektischen Hauptstadt. Ich hatte Villa zeigen wollen, wo Berlin nicht viel anders aussieht als Jena. So besuchten wir Tochter Nr. 1 bei FLAMME in Spandau, schlenderten dann noch durch das Möbelhaus, entdeckten dabei einen Eßtisch mit bequemen Freischwingern, deren Bouclé-Bezüge jenen Retro- Touch haben, der gut in meine Wohnung passen würde. Danach machten wir uns auf den Weg Richtung Altstadt und wollten von dort die Kurve zur Zitadelle kriegen, wo wir allerdings nie ankamen, denn, wie gesagt, die Sonne schien so schön, wir hatten Lust auf Kaffee, und als wir weiterwanderten, gerieten wir auf ein Weinfest, und da war natürlich alles zu spät.

Die ausgiebige S-Bahnfahrt von Lankwitz nach Spandau führte meiner Freundin mal wieder vor Augen, warum für mich eine Fahrt nach Jena nicht wirklich eine Reise, sondern mehr ein Ausflug ist. Berlin ist groß, und ein Besuch der Randbezirke führt schon mal durch ein Stückchen Wald, so daß man meint, die Stadt bereits verlassen zu haben. Wer hier meint, an einem Tag möglichst viele Sehenswürdigkeiten „abhaken“ zu können, täuscht sich, was das quantitative Verhältnis von Sehenswertem betrifft, und setzt sich dazu noch einem ganz schönen Stress aus. Stress aber wollen wir nicht, und deshalb nehmen Villa und ich uns immer nur ein Eckchen von Berlin vor. Und während wir so mit der Bahn in „die Stadt zurück“ fuhren, bekam der Wetterbericht dann doch noch Recht. Es fing an zu schütten wie aus Eimern. Doch wenn die S-Bahn auch kein Hochgeschwindigkeitszug ist, so schaffte sie es doch, Lankwitz vor dem Regen zu erreichen. Trockenen Fußes erreichten wir meine heimische Hütte, und erst als wir dort (schon wieder) beim Kaffee saßen, pladderte es los. Der Regen und, weil wir uns schon wieder verplauscht hatten, waren uns Grund genug, wie Wilmersdorfer (Stroh-)Witwen mit dem Taxi zum Wintergarten zu rauschen, der mit seinem von vielen Lichtern geschmückten Entree an einem regnerischen Abend in der Potsdamer Straße ganz besonders lockt.

1880 eröffnete das Central-Hotel an der Friedrichstraße mit einem „Jardin de Plaisanterie“ beziehungsweise Wintergarten. In dem etwa 2000 qm großen Gartensaal mit Palmen, Springbrunnen und Grotten flanierten die Gäste des Hotels, und bereits im selben Jahr fanden erste Konzertveranstaltungen statt. 1884 wurde der Wintergarten zum Programm- und Verzehrtheater, und weitere vier Jahre später wurden erste kleine Varieté-Vorstellungen gegeben, in denen Akrobaten und Zauberkünstlern auftraten. Für Cineasten wurde der Wintergarten im darauffolgenden Jahr wichtig. Die Brüder Skladanowsky brachten hier den Kinematographen auf die Bühne – eine Weltpremiere. In den Zwanzigern des folgenden Jahrhunderts wurde das Programm des Wintergartens von unvergeßlichen Talenten wie Claire Waldoff und Otto Reutter geprägt. Bis zur letzten Vorstellung am 21. Juni 1940 war der Wintergarten die wohl beliebteste Varieté-Bühne der Hauptstadt. Dann fiel er bei einem Bombenangriff in Schutt und Asche. Es dauerte über 50 Jahre – fast so lange, wie der alte Wintergarten existiert hatte, bis er am 25. September 1992 mit einer glanzvollen Premiere und Hommage an den alten Wintergarten neueröffnet wurde. Wer noch keine Gelegenheit hatte, ihn zu besuchen, kann hier einen virtuellen Rundgang machen. „Made in Berlin“ läuft, von einer Sommerpause abgesehen, schon seit Mai und nur noch bis zum 25.September, und wir haben nicht eine Sekunde lang bereut, sie noch gesehen zu haben. Auch seinem Namen wird dieses Programm gerecht. Die jungen Tänzer und Akrobaten kommen ausnahmslos aus der vor zwei Jahren von Markus Pabst gegründeten Kreativschmiede BASE Berlin, und viele von ihnen wurden an der Staatlichen Schule für Artistik Berlin ausgebildet. Fast alle Acts sind in der Hauptstadt entstanden, und es verwundert nicht, daß einige seither Exportschlager geworden sind, so zum Beispiel der 21-jährige Eike von Stuckenbrok als Puppenspieler der anderen Art mit seiner Handstand-Kreation auf einer Schaufensterpuppe, der in diesem Jahr beim Pariser "Festival Mondial du Cirque de Demain" eine Bronzemedaille gewann. Mindestens ebenso beeindruckt der junge Artist aber zusammen mit dem soviel Lebensfreude ausstrahlenden Rémi Martin bei einer Doppel-Pole-Darbietung am Chinesischen Mast. So wie David Pereira sich verbiegen habe ich bisher nur die sogenannten „Menschen ohne Knochen“ im Zirkus gesehen. Der Spanier kombiniert die Kunst der Kontorsion und des Tanzes und gleichzeitig die Melancholie mit der Kraft ganz leicht und elegant. Ebenso gefühl- und kraftvoll und gleichzeitig voller Harmonie „erzählt“ das Hand-auf-Hand-Duo Kati und Philipp, das auch im Leben ein Paar ist, und dessen gemeinsame Geschichte schon im Kinderzirkus begann, in seiner Darbietung eben diese Geschichte und präsentiert sich darüber hinaus mit einer sehr ästhetischen Performance am Vertikaltuch. Sehr beeindruckt war ich auch von den „schönsten Beinen Berlins“, die nicht mehr Marlene Dietrich gehören, sondern heute Nata Galkina. Geschicktere Füße dürfte man so schnell nicht wieder zu sehen bekommen, und die Fußjonglage der Künstlerin, die ihre artistischen Fähigkeiten in Rußland erworben und Schauspiel an der Folkwang-Schule in Essen studiert hat, bleiben im Gedächtnis. Aufgelockert wird das Programm durch die verschiedensten Tanzdarbietungen, bei denen Lea Hinz, die von der rhythmischen Sportgymnastik her kommt, und der Ballettänzer Dennis McDao sich durch ihr Talent und auch durch ihre Komik hervortun, sowie durch die musikalische Untermalung mit Berliner Musik von „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ bis zu einer Persiflage auf „Hier kommt Kurt“, nämlich „Hier kommt Knut“ mit Auftritt eines falschen Eisbären in einem Kostüm, wie ich es seit meiner Kindheit kenne, als man sich vor dem Zoo mit dem falschen Berliner Bären fotografieren lassen konnte. Alles, was ich jetzt vergessen habe, muß bitte Villa erzählen. Schließlich war ich im Wintergarten auch mit Essen beschäftigt. Und für das Menü ist bitte Villa zuständig, die ich an dieser Stelle noch mal in Gedanken ganz doll umarmen möchte. Das waren für mich wunderschöne Stunden, die wir zusammen verbracht haben. Wie eine Berliner Weiße mit Himbeerschuß könnte ich jetzt noch überschäumen, und wenn das Weißbierglas groß genug wäre, würde eine rosa Welle bis nach Jena schwappen und der Schaum Euch an der großen Zehe kitzeln. Ganz liebe Grüße von der Spree an die Saale Eure Chris

Liebe Chris, deinem Bericht und dem Lied ist nichts mehr hinzuzufügen. Es war ein wunderschönes Wochenende. Herzlichsten Dank! Feines Essen haben sie im Wintergarten. Mein Risotto mit sautierten Pfifferlingen und gegrillten Jacobsmuscheln auf Aprikosen-Chutney war perfekt und auch wenn du skeptisch bei meiner Nachspeise, Erdbeeren mariniert mit altem Balsamico und grünem Pfeffer, warst, mir haben sie ausgezeichnet gemundet. Der Sonntagnachmittag gehörte dann wieder unserer Seifenkiste, aber davon später mehr. Ich weiß, dass mein Koffer in Berlin wartet - Villa

02.09.10

Seifenkistenbau in der heißen Phase

Keine Zeit für einen Lissabon-Bericht und Fotos, die heiße Bauphase für unsere Seifenkiste fordert sämtliche Zeitressourcen. Die Bodengruppe wurde körperumfließend vermessen und ausgeschnitten und die Brems-und Lenkeinrichtung positioniert. Ein großes Problem sind weiterhin die Räder. Andreas Stopsack, der in der Bachstraße im März eine Rad-Börse eröffnet hat, wo er gebrauchte Fahrräder und Ersatzteile für kleines Geld vertreibt, besorgte mir vier Räder. Er erzählte, dass er vor ein paar Jahren am Erfurter Lauentor selbst an einem Seifenkistenrennen teilgenommen hat, allerdings auf Skateboard-Rollen. Leider waren seine Räder für unsere Seifenkiste untauglich und auch der nächste Rädersatz (im Netz bestellt), wurde vom Chefkonstrukteur Phillipp verworfen. Überhaupt legt mein Partner einen Ehrgeiz an den Tag, dass man denken könnte, Norbert Haug schleicht seit Tagen um unseren Rennstall. Die Seifenkiste soll im Retro-Design der 50 Jahre entstehen und ich gestehe, dass ich den Arbeitsaufwand gewaltig unterschätzt habe.

Viel Zeit bleibt uns nicht, denn das 2. Jenaer Seifenkistenrennen startet am 18. September in Winzerla. Bereit, Kopf und Kragen zu riskieren, habe ich uns gleich bei zwei Anlaufstellen, dem Jugendzentrum Hugo und bei Streetwork Winzerla, als Rennteilnehmer registrieren lassen. Als ich aber den ersten Streckenverlauf sah - die gesamte Wasserachse - fragte ich mich, ob ich mich nicht maßlos überschätzt hatte. Inzwischen wurde aber der sehr steile und kurfenreiche Verlauf gekürzt und mir versichert, gewaltige Mengen an Strohballen würden den Streckenabschnitt absichern. Hoffentlich!

Im nächsten Bauabschnitt haben wir ein Skelett aus Bügeln und Drahtgeflecht montiert und das Chassis mit Zeitungspapier vorgeformt und gefirnisst. Hierbei war es schon sehr wichtig, die spätere Form vorzugeben. Phillipp hatte so einige Kniffe auf Lager, mit Draht und Fädenziehen, damit es nicht wie eine unförmige Wurst aussieht. Dann kam der "Sonntag der duroplastischen Matrix". Mit Glasfasermatten und Polyesterharz haben wir stundenlang, Lage für Lage aufgetragen. Dämpfe erschwerten diesen Arbeitsschritt und Scheren wurden beim Schneiden der Glasfasern verschlissen. Große Hilfe erhielten wir vom Gatten, aus seinem Erfahrungsschatz früherer DDR-Mangelwirtschaft stand er uns mit Rat und Tat zur Seite. Als wir für unseren damaligen Polski-Fiat keinen Ersatzkotflügel bekommen konnten, hatte er sich die Technik des Laminierens angeeignet. Außerdem spendierte er uns einen Autoreifen für die Bremsbeläge.
Jedenfalls war es eine Scheißarbeit, in wenigen Minuten war der Kunstharz Gelee und konnte nicht mehr aufgetragen werden, alles klebte und stank. Die sich aus den Matten auslösenden Glasfasern pickten, juckten und stachen am ganzen Körper und noch heute eitern einzelne Fasern aus meinen Händen, trotz Schutzkleidung! Aber es ist eine spannende und interessante Arbeit ein Auto eine Seifenkiste zu bauen und erste Fanpost vom Nichtenkind spornt an.

Die Zusicherung, genügend Strohballen würden bereitgestellt, lässt mich fragen, wo zum Teufel haben die Winzerlaer das ganze Stroh her? Am Samstag beobachtete ich die Fütterung der Elefanten des Circus Afrika am Jenzig. Stunden später war einer der Dickhäuter offenbar wieder so hungrig, dass er einer Besucherin der Tierschau auf der Freifläche die Tasche entriss und diese samt Geldbeutel und Autoschlüssel auffraß. Dabei soll er die Frau mit seinem Rüssel umschlungen und über seinen Rücken auf die Wiese geschleudert haben.
Haben wir mit unserem Stroh-Sicherheitsdenken etwa dem Rüsseltier das Futter vorenthalten?

Im Baufieber Phillipp und Villa

15.08.10

Sommersteinpilze in Thüringen

Während der gesamten letzten Arbeitswoche habe ich das Triumphgeheul eifriger Pilzsucher geflissentlich überhört. Da war von riesigen Pilzschwemmen die Rede, von festen knackigen madenfreien Steinpilzen. Am Wochenende hielt mich nun nichts mehr und es tat gut, nach der Welt der guten Töne (Kulturarena) in die stille Welt der guten Gerüche einzutauchen. Es stimmt, das feucht warme Wetter hat dazu beigetragen, dass der Pilzwuchs in den Wälder um Jena und entlang der Saale Richtung Rudolstadt in großen Mengen zu finden ist. Rotkappen, Steinpilze, Schirmpilze, Pfifferlinge, Maronen und diverse Röhrlinge machten unseren Pilzbraten lecker und ließen mich die nassen Füße und Klamotten vergessen. Der sehr wohlschmeckende Sommersteinpilz steht in Deutschland unter Naturschutz, darf nur in kleinen Mengen für den Eigenbedarf gesammelt werden und ich war ärgerlich, dass ein Anbieter aus Uhlstedt die frischen Waldpilze für 30 Euro das Kilo bei Ebay verramscht.

Geht selbst in den Wald zum Pilze sammeln, das macht Spaß, den Kopf frei und schmeckt viel besser als gekaufte Pilze - Villa

Barfuß und in Lederhosen - La Brass Banda in der Kulturarena

Der Auftritt der Brassband-Musiker aus dem bayrischen Chiemgau begeisterte die völlig ausverkaufte Kulturarena. So langsam gehen mir die Superlative aus und als ich meinen Tubaspielenden Schwiegersohn nach Konzertende befragte, meinte er, die Blechkapelle wäre außerirdisch. Das lag sicherlich auch an Hans (Andreas Hofmeir) dem Tubaprofessor der Universität Mozarteum Salzburg, der an diesem Tag Geburtstag hatte und uns mit seiner Helikontuba feinsten Blechbeat bot. Sein Tuba-Posaune-Liebesdialog heizte die Publikumseuphorie mit schräger Komik an und infizierten uns im Rhythmus der Tuba. Aber auch Sepp (Stefan Dettel), Chef der Punkbläser, wusste mit seiner Trompete, seinen kabarettreifen Zwischenansagen und Liedtexten zu überzeugen. Seiner ungebremsten Sprachgeschwindigkeit konnten wir kaum Schritt halten und so tanzten wir in bebender Musikalität. Vor mir hüpfte sich ein Zweimeterbursche in Olympiarekordhöhe. Fast jeder ließ sich von den fünf bayerischen Musikern mitreißen und die von mir ungeliebte Blasmusik hat eine neue Dimension erhalten.

Ganz bsuffen hams mi gmacht und die Haxn hobn si von ganz oileine bewegt!

Staff Benda Bilili war der letzte Konzerthöhepunkt meiner diesjährigen Kulturarena. Die aus der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa kommende Band drückt ihren Überlebensmut mit ihrer Musikmischung von traditionellen kongolesischen Rumba mit Elementen aus Reggae, Soul und Blues aus. Obwohl vier Musiker in Rollstühlen (eine Folge von Kinderlähmung) saßen und einer an Krücken vor dem Mikro stand, legten sie Tempo und Groove auf die Theatervorplatzbretter, dass es eine Freude war. Es gab keinen Mitleidsbonus, aber großen Respekt vor den mutigen Musikern.

Kommende Woche steige ich in den Nachtzug nach Lissabon Flieger gen Süden und begebe mich auf die Spuren der ureigensten Musikschöpfung Portugals, dem Fado.

Wehmütig, in Mollstimmung nehme ich Abschied von der Kulturarena 2010 in Jena - Villa

08.08.10

Katzenjammer entert Kulturarena Jena

Mit Clare Teal und Michael Kaeshammer erlebte das Jenaer Publikum am Mittwoch ein entspanntes After-Work-Konzert. Der kanadische Pianomann und die britische Sängerin erfreuten mit Jazz-Variationen und die Veranstalter der Kulturarena verlosten grün-flauschige Lümmelsessel, die eine Chill-out-Zone im Arenarund bildeten. Perfekt passend zum Thema "Urlaub in der Stadt".

Katzenjammer, die abgefahrene Girl-Rock-Folk-Pop-Band aus Norwegen enterte das Kulturarena-Schiff im Sturm, mit einem mitreißenden, ungestümen Live-Act. Bei Nacht sind nicht alle Katzen grau und auf Samtpfötchen kamen die schrillen Piratenbräute auch nicht daher. Der große Geheimtipp bescherte uns vor ausverkauftem Haus eine Hammershow. Das bunte Damenquartett bot einen irren Musik-Mix zwischen Spelunkenklamauk, Balkanjazz, Bluegrass-Punk und Zigeuner-Pop... In ständiger Rotation an den Instrumenten (kleine charmante Unsauberkeiten fielen dabei nicht ins Gewicht) mit ins Ohr gehenden vierstimmigen A-cappella-Soli, Backgroundgesängen und quicklebendiger, temporeicher Tanzmusik brachten sie so richtig Spaß unters Arenavolk. Als beim 5. Titel Blumensträuße auf die Bühne geworfen wurden, wiegelten sie ab und meinten, sie wären noch längst nicht fertig. Bunte Seifenblasen tanzten sich ihren Weg auf die Bühne, über wippende, mitfeiernde und singende 3000 Köpfe hinweg. Für mich war das Konzert eine Sternstunde der diesjährigen Kulturarena.

Auf das Max Herre-Konzert am Samstag hatte ich mich schon Wochen vorher vorbereitet. Sein Solo-Album "Ein geschenkter Tag" lief so oft auf dem heimischen Player, dass die Titel in Fleisch und Blut übergegangen waren. Ausgerechnet zu diesem Konzert kam ich zu spät und hatte auch noch die falsche Eintrittskarte dabei. Es war ein schönes Konzert, der Ex-Frontmann von Freundeskreis bot Titel dieser Band, Titel seiner zwei Soloalben und ich wurde auch an den phantastischen Kulturarena-Auftritt seiner Exfrau Joy Denalane 2007 erinnert. Seine Udo Lindenberg-Affinität kam zu Ohren, ebenso seine Cover-Version des Rio Reiser-Titels "Halt mich an deiner Liebe fest" und weil es so schön war, die Setliste aber nicht mehr hergab und das Publikum ihn partout nicht gehen lassen wollte, wurde dieser Titel einfach wiederholt.

Ich halte an der Kulturarena fest und freue mich auf den nächsten großen Geheimtipp "LaBrass Banda" am 11. August - Villa

01.08.10

Klangteppich aus der Inneren Mongolei

Der Kulturarena-Auftritt von Sa Dingding war für die meisten Besucher eine spannende Angelegenheit. Kaum bekannt sind ja Musiker aus dem Reich der Mitte und so war das Konzert zu entdeckendes Neuland. Von großem Zuspruch bis Ablehnung waren die Reaktionen. Die Gewinnerin des BBC World Musik Awards brachte mit ihrer Stimme (dem charakteristischen kehligen Timbre und dem Kippen zwischen Brust- und Kopfstimme), die Bandmitglieder durch den Einsatz der Chinesischen Guzheng-Zither und der Pferdekopfgeige doch sehr ungewohnte Klänge an unsere westlichen Ohren. Ich traf während der Show Hongyu Chen, einen jungen Studenten, der an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar Opernmusik studiert und bat ihn, für mich das Konzert zusammenzufassen. Seit Oktober 2008 war er sprachvorbereitend an der Uni Jena, bis er an der Hochschule in Weimar aufgenommen wurde. Seine Heimat Hohhot (die Hauptstadt des Autonomen Gebietes Innere Mongolei in der Volksrepublik China) ist auch die Heimat von Sa Dingding.

Herzlichen Dank Hong Chen (Vincent) für deine Konzertzrezension:

"Am Samstagabend durfte das Publikum der Kulturarena eine für deutsche Ohren noch relativ unbekannte und faszinierend neue Stimme erleben. Die chinesische Sängerin Sa Ding Ding, welche heute zur Spitze der international anerkannten chinesischen Künstler gehört, gab gestern im Rahmen ihrer Europa-Tournee ihr einziges Konzert in Deutschland auf der Jenaer KulturArena.
Die Texte ihrer Lieder wechselten an diesem Abend zwischen Mandarin, Englisch, Tibetisch und mongolisch. Das Einzigartige an ihren Konzerten jedoch sind ihre Lieder, welche, die aus der Inneren Mongolei stammende Künstlerin, in ihrer ganz eigenen Fantasie-Sprache singt. Hier ist es ihr möglich, ihre innersten Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
Obwohl dies sicher nicht alle Zuschauer am gestrigen Abend bemerkt haben dürften, war die Kulturarena völlig begeistert von dieser fremden Stimme und Musik.
Sa Ding Ding ist während der ersten sechs Jahre ihrer Kindheit bei ihrer Großmutter in der „Inneren Mongolei“ – einem autonomen Gebiet im Norden Chinas aufgewachsen. Diese Zeit im „Grasland“ inspiriert sie bis heute und das damals wahrgenommene Gefühl der Freiheit hat sie sich bis heute nicht nehmen lassen und verkörpert dies zusammen mit Musikelementen der mongolischen und tibetischen Kultur.
Viele ihrer Lieder werden von den Gedanken der buddhistischen Bibel getragen.
Die Lieder des gestrigen Abends stammten zum großen Teil von ihrem zweiten Album „Ha Li Li“.
Ihre Musik ist ein „cross over“- Mix von westlichem modernen Rhythmusgefühl und uralter, östlicher Mystik. Damit hat Sa Ding Ding einen ganz besonderen Weg gefunden, Harmonie zwischen Ost und West in ihrer Musik zu verwirklichen.
Dies ist ihre ganz besondere Art einer nichts ausgrenzenden „Weltmusik“."

Villa wünscht Vincent und seinen Freunden einen schönen Heimaturlaub im August.

31.07.10

Jena - Trilogie der Töne

Für berührende Momente sorgte am Mittwochabend die aus Dänemark stammende F0lk-Pop-Sängerin und Bandleaderin Tina Dico. Ein Name, den ich mir merken werde, um in ruhigeren Zeiten in die einfühlsamen Akustik-Songs einzutauchen.


Ganz anders die Stimmung am darauf folgenden Tag beim Feuerwerk der Son-Musiker Sierra Maestro. Dort explodierte das Publikum im vorderen Theatervorplatz schon beim ersten Titel mit solistischen Tanzeinlagen. Neben mir befand sich Jenas Salsa-DJ Ernesto und seine zahlreiche spanisch sprechende Anhängerschaft. Da wurde lauthals gegrüßt, geküsst, geherzt und sich gekonnt mit leidenschaftlichem Amüsement zu Mambo, Salza und Cha-Cha bewegt.
Der wunderbare Swing griff auf das Publikum über, ließ uns die dicken Regenwolken vergessen und nur noch kubanische Mentalität und Lebensfreude spüren. Toll, die einzelnen Soli-Einlagen aus dem Gruppenfeuerwerk heraus, jede für sich ein musikalischer Höhepunkt. Mein Aplauso galt besonders dem Trompeter Yelfris Valdes Espinosa. Die typischen Sprechgesangseinlagen der 9-köpfigen Band haben wir zwar nicht verstanden, aber das besondere Flair der besten Son-Gruppe Kubas hat uns temperamentvoll mitgerissen. Ernesto hatte es bei den Zugaben dann schließlich zum Tanzen bis auf die Bühne geschafft und mit heftigen Applausstürmen und Zugaberufen wurde die Band abschließend bejubelt.

Etwas skeptisch ging ich gestern zum Arena-Auftritt des unumstrittenen Publikumsmagneten Milow (bürgerliche Name Jonathan Vanderbroek). Das seit langem ausverkaufte und auch teuerste Konzert in diesem Jahr des 28-jährigen Belgiers zog natürlich durch seine derzeitigen Charterfolge "Ayo Technology“ (der Coverversion eines Hits des US-Rappers 50 Cent) und dem Ohrwurm "You Don’t Know“. Würde aber dies für ein ganzes Konzert reichen?


Den Mann sich live auf der Bühne entfalten zu sehen, seine wahren Qualitäten zu erkennen, war für mich DIE Entdeckung. Der pure Akustikgitarrenklang, die warme Stimme bei den Balladen eroberten mein Herz und ließen mich an meine mich prägenden Lieblinge Neil Young und Bob Dylon denken. Was für ein Konzert!
Einmal schien es, als würde der meisterhafte und gewitzte Gitarrist Tom Vanstiphout ihm die Show stehlen, als er mit den Worten: " Ich habe mich in Jena rundgeguggen und Songs geschrieben..." mit einer Persiflage auf deutsche Schlager das Publikum begeisterte. Aber mit den Worten "Back to my concert" konzentrierte sich der Fokus schnell wieder auf den sympathischen Singer-Songwriter Milow. Auch im Duett mit Background-Sängerin Nina Babet bei der Ballade " Out of my hands" bezauberten mich die Musiker und als sie am Ende des Konzertes mit den Jungs der Vorband Marek Lieberberg & Mario Medrzycki fusionierten, zollten ihnen 3000 begeisterte Besucher ihre Anerkennung.


Tolle Kulturarena, mein Musikerherz läuft über - Villa