18.10.09

Mord im Esplanade und Urknall im Schwarzen Bären

Gleich zwei Spitzenleistungen sogenannter Erlebnisgastronomie konnte ich am Wochenende genießen. Diese Mischung von Kultur, Interaktion und Galadinner erfreut sich zunehmender Beliebtheit im Städtchen und ich halte immer Ausschau nach solchen Events.

"Herr Ober, die Leiche bitte!" hieß das mörderische Vergnügen im Steigenberger Esplanade. Zwischen Tranchen von Rauch- und Graved Lachs auf marinierten Zucchini am Salatgesteck mit Frischkäse und Cremesuppe von zweierlei Paprika vergnügte sich unsere illustere Gesellschaft bei einer Antiquitätenauktion des Baron von Tique im Berliner Saal des Esplanade. Ein Schuss, die Leiche des Barons und alle Gäste wurden mit einem Schwur (rechte Hand aufs Herz) zu Hilfssheriffs vereidigt. Häppchenweise bis zur Maispoulardenbrust auf Rahmsauce mit Blue Stilton zu Apfel-Wirsinggemüse und Gratinkartoffeln wurden uns von der tollen Schauspieltruppe kleine Hinweise zu einer Indizienkette serviert. Das beschränkte sich nicht nur auf den Saal, die ganze Hoteletage wurde zum Tatort. Etwas verwirrt auf den Toten und die aufgeregten Leute reagierte ein Ingolstädter Fußballspieler, der mit seiner angereisten Mannschaft im Hotel Quartier bezogen hatten. (Ich vermute der Spielverlust 2:0 gegen die Jenaer Mannschaft kann damit erklärt werden). Noch vor dem Dessert After Eight Mousse mit Whisky-Kirsch-Parfait war das völlig versiffte Büro des ermittelnden Beamten einzusehen und wir rekapitulierten unsere bisherigen Ermittlungsergebnisse. Der ganze Ablauf war so witzig und unterhaltsam gemacht, dass es kein Problem war, als die Einzeltische aufgefordert wurden, ihre kriminalistischen Fähigkeiten gemeinsam unter Beweis zu stellen und ihren Täter aus der Verdächtigenriege zu benennen . Unser Tisch nannte sich "Soko One" und wir lagen mit unserer Täterauswahl richtig. Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett, ich hatte Heimvorteil!
Murder Mystery Dinner - Erlebnisgastronomie


"Das Brimborium schlägt zurück...ein kulinarischer Genuss in 4 Gängen zwischen Kabarett, Theater und Comedy" offerierte uns das Hotel & Restaurant Schwarzer Bär Jena. Mit neuer Bühne und neuer eleganter Bestuhlung war der Spiegelsaal Spielstätte des Schlemmerkabaretts.
Eine erfolgreiche Reihe, die wir bereits vor einem Jahr genossen, fand seine Fortsetzung. Wieder dabei, die Urvögel und mir gefiel ihr Programm diesmal besser. Es war frischer, moderner und unterhaltsamer.
Im kulinarisch etwas tristen Jenaer Allerlei war dieses Dinner ein großer Lichtblick!
Ausgewogen, kraftvoll gewürzt die Samtsuppe von Petersilienwurzel mit Lachsnocken, phantastisch dekoriert und ein Gaumenschmaus par excellence die Seeteufelkrustade an Artischocken und Ingwerreis. Genial für uns das Rosè gebratene Filetstück vom Rind mit Baumpilzen dazu Grünkohl-Kartoffelstampf. Auch beim süßen Abschluss Variationen von Gefrorenem, Gebackenem, Granadaschokomus in Chili und Stürzkrem bot die Patisserie Bemerkenswertes. Dies war ein Dinner, welches sich lange an meinen Erinnerungssynapsen festbeißen wird. Dass die Weinauswahl im Bären meiner Vorliebe für regionale Weine entgegen kam und der Service sehr aufmerksam und umsichtig agierte, erhöhte meine Freude an diesem Abend. Wie im letztem Jahr sangen die Gäste bei der Zugabe gemeinsam den Lola-Titel und an der Lautstärke konnte ich deutlich erkennen, es hat allen gefallen.
Dem Gatten habe ich angedroht, dass nun Schmalhans unser Küchenmeister wäre, diese Dinner müssen erst mal verdaut werden.
Tafelfreuden sind sinnliche Vergnügungen Villa

15.10.09

Kleine Modellbau-Welt ganz groß

Erneut, wie schon einmal vor vier Jahren, begeistert ein opulentes Circus- und Kirmes-Spektakel Jung und Alt in der Goethe Galerie. Im Halbstundentakt wird die mit viel Liebe und Akribie zur Detailarbeit erschaffene Miniaturwelt zum Leben erweckt und so manch einer möchte wohl seinen Spiel- und Basteltrieb bei diesem fabelhaften Anblick wiederbeleben.
Die fast 8000 handbemalten Figuren und mehr als 30000 Einzelobjekte wurden von Hand aufgestellt. Ich hoffe, es gibt keinen Domino-Effekt, sollte eine der Zuschauerfiguren, welche die Szenen rahmen
, mal umfallen. Claus Lusch ist der Erbauer des weltweit größten Modellbaucircus im Maßstab 1:87 und Karl-Heinz Rockstroh der Initiator der wundersam, lebendigen Kirmeswelt. Da die Ausstellung mit dem Beginn der Schulferien zusammenfällt und uns auch zwei Wochen erfreut, werde ich sicherlich mit Enkelkind dort zu finden sein.
Beeindruckt von Modellbaukunst Villa

11.10.09

Künstlerische Inspiration

Kein halbes Jahr ist es her, da reiste ich mit Cuentacuentos nach Dänemark zu meinem großen Bruder. Die beiden hatten in einer erfolgreichen gemeinsamen Arbeit ihre Talente vereint und, sich gegenseitig inspirierend, die Projekte Untertext1 und Untertext2 öffentlich gemacht. Während dieses sehr schönen Aufenthaltes auf der Insel Fünen sandte uns mein kleiner Bruder Phillipp diese Zeichnung:


Wir waren einhellig der Meinung, da sei viel Potenzial und schickten unsere Lobeshymnen nach Jena. Seither, hat er wie im Rausch gemalt. Familie, Freunde und Arbeit mussten zurückstehen, während er verschiedenen Techniken und Materialien ausprobierte - immer auf der Suche.

Da der amerikanische Maler Edward Hopper ihm besonders gefiel, er aber keine Zeit hatte, sich Bücher zu beschaffen, sie alle zu lesen und im Web zu surfen, um sich ausführlich mit seinen Werken vertraut zu machen, übernahm Christa das für ihn. Auch sie fesselte die Aufgabe, sich einer Person und seinem Werk anzunähern. Herausgekommen ist die wohl umfangreichste, akribischste Biografie in Bildern über Hopper in der gesamten Blog-Hemisphäre. Die Synergien, die sich so nachhaltig ergeben haben, bewundere ich. Als Zaungast, der manchmal auch ein Bild abstauben konnte (Phillipp, wo bleibt das versprochene Bild vom Kandinsky-Sonntag?) sehe ich diese künstlerische Befruchtung mit staunenden Augen.


Zaungast Villa mit Hochachtung an Christa und ihre Brüder

09.10.09

20 Jahre nach dem 9.Oktober in Leipzig





Weil ich kränkelnd danieder liege und somit Zeit zur Reflexion habe, schweifen meine Gedanken immer wieder die Vergangenheit. 20 Jahre ist es schon wieder her, seit wir am 9. Oktober in Leipzig auf die Straßen gingen. Unsere Hauptforderungen, Freiheit im Denken und Handeln ohne politische Doktrinen und natürlich uneingeschränkte Reisefreiheit, fanden damals während der großen Montagsdemonstrationen weltweit Gehör und läuteten die Wende ein. Zu DDR-Zeiten kaum aus dem Land herausgekommen, haben wir nach der Wende viele Länder bereist. Unsere schönsten Reisen habe ich nun in klitzekleine Minicollagen gepresst und ich schwelge in Erinnerungen. Die tropischen Regenwaldgebiete haben mich dabei am meisten interessiert und in Thailand, Bali, Mexiko, Cuba und Venezuela hatten wir Gelegenheit in die grüne Pracht einzutauchen. Mit dem Reiseticket einer privaten Borneo-Reise in der Tasche steigert sich meine erneute Vorfreude auf diese faszinierende Vegetation, Tierwelt und die Menschen dort.















Der Gatte mit Schweizer Freund T. in Leipzig 89

Dem Wunder von Leipzig am 9. Oktober 1989 sei Dank! Villa

PS Seine Pestilenz wartet auch mit dem Thema auf und zeigt in einer Wanderausstellung: "Besenrein - Ästhetik des Aufgebens" Fotodokumente der Hinterlassenschaft. Sehr eindrücklich!

03.10.09

Kochduell am Einheitstag

Die für mich vortrefflichste Errungenschaft nach Mauerfall war natürlich die Reisefreiheit und die Freiheit meine Kontakte zu Menschen anderer Länder frei zu wählen. Auch heute 20 Jahre später bin ich noch dankbar dafür.
Letzte Woche schickte mir mein Öldealer InterNETTfreund Wolfgang aus der Steiermark, herbstliche Produkte seiner Heimat.
Da der Gatte ein eingeFLEISCHter Thüringer ist, versuchte ich ihn heute von dem köstlichen Geschmack einer Kürbis-Ingwer-Suppe zu überzeugen. Ob sie vor seinen Augen und Gaumen Bestand hielt, oder er doch der Rinderbrust mit Merretich-Apfel-Sauce den Vorzug gab, konnte nur er entscheiden.
Als Schaumkrönchen besuchen wir jetzt eins der drei Brückenfeste in Jena. Ich muss mich nur noch entscheiden, ob ich zur Brücke nach Kunitz, Wenigenjena oder Burgau will.
Kein Einheitsbrei am Einheitstag Villa

PS Morgen wandert die Thüringer Blogzentrale