29.05.10

Frühlingsmarkt und Tropische Nacht in Jena

Mit einem bemerkenswerten Auftaktkonzert eröffnete am gestrigen Freitag der beliebte Jenaer Frühlingsmarkt. Die Saat ist aufgegangen und "Keimzeit" nahm uns mit auf eine hinreißende Reise von Jena über den Mond nach Feuerland und zurück. Erstaunlich textsicher waren die viele Besucher auf dem übervollen Marktplatz und als Norbert Leisegang, der Sänger und Frontmann von "Keimzeit", gegen 22 Uhr für die vielen Kinder vor der Bühne das Schlaflied "Der Löwe schläft heut Nacht" sang, waren mit Sicherheit weder Kinder noch Eltern müde. Mir gefiel besonders der dreiköpfige Bläsersatz (Saxophon!!!, Posaune und Trompete), der die Brüder Leisegang und Co ausdrucksstark unterstützte. Auch den Besuchern der Langen Nacht der Museen, die vielleicht auf ihrer Entdeckungstour nach Farbe, Vielfalt und Verwandlungen den Marktplatz tangierten, sang die Band das passende Lied: "Farben - Tauch mich in deine Farben. Nimm mir mein Schwarz-weiß."
Farbig bunt geht das Frühlingsfest in Jena weiter, Programmhinweise findet ihr hier.
Gegen 22.30 Uhr war es höchste Zeit, zu unserem zweiten Highlight in den Botanischen Garten zu eilen.

Dem Besucheransturm war der Botanische Garten kaum gewachsen und das Catering wie in vergangenen Jahren völlig überfordert. In einem zähen Strom durchliefen wir die Außenanlagen und die Gewächshäuser und kämpften uns schließlich zur Hauptbühne vor. Die Jenaer Band Babayaga nahm uns heißblütig mit auf die Reise nach Lateinamerika und die unverschämt energiegeladene Jugend tanzte sich in einen rauschenden Frühlingsfreudentaumel. Ich hatte die Jungs lange nicht gehört und war von ihren großen Fortschritten beeindruckt. Liebe Jenaer Kulturverantwortliche, warum zum Teufel gibt es zur Kulturarena keinen Jenaer Bandabend mehr? Die Stadt hat sooo viel exzellentes Potenzial.

Bis tief in die Nacht war der Botanische Garten ein grünes, chilliges Zuhause für Pflanzenkunde und Musik.

Mit meiner Familie und Freunden habe ich mich sehr gerne auf diese stimmungsvolle musikalische Reise begeben - Villa

24.05.10

Kleiner Orchideen-Nachtrag



Etwa 30 Arten soll es um Jena herum geben und in diesen Tagen ist der geradezu verschwenderische Luxus der Natur schön zu betrachten. Meine Freundin und Kollegin B. fand diese wundervollen Exemplare Gelber Frauenschuh (Cypripedium calceolus) auf ihrer Orchideenwanderung.
Der Frauenschuh wurde zur Orchidee 2010 gewählt. Der namensgebende goldgelbe Schuh riecht nach Aprikosen und ist eine Kesselfliegenfalle. Die angelockten Insekten rutschen an einem dünnen Ölfilm ins Schuhinnere und müssen an der Blütennarbe wieder heraus krabbeln. Keinen Nektar erhalten sie dabei. Da haben es die Bienenvölker bei anderen Frühlingsblumen einfacher. Am Jenzig verkostete ich gestern dieses wunderbare Naturprodukt - Bienenhonig.



Schleckermaul Villa

22.05.10

Pfingstrosen zu Pfingsten

Nur 10 Autominuten von Jena entfernt, befinden sich die Gleistalhänge bei Löberschütz. Die Gleise ist ein rechter Nebenfluss der Saale und das Tal wird durch die Berge des Jenaer Hufeisens, dem Alten Gleisberg (Kunitzburg) und dem Tautenburger Forst begrenzt. Im April hatte ich vernommen, dass am Fuße der Kunitzburg (Jena) ein neuer Weinberg im Entstehen war. Die wenigsten wissen, die Stadt hatte von Mitte des 12. Jahrhunderts bis zum Ausbrechen der vernichtende Reblaus-Plage (etwa 1885) ca . 7 00 Hektar Rebfläche. Das war mehr, als die gesamte heutige Saale-Unstrut-Region! Durch eine Reform der EU-Weinmarktordnung ist es nun endlich wieder möglich, neue Weinbaugebiete zu gründen. Auf 2 ha wurden Anfang des Jahres 7000 Rebstecklinge in den tonhaltigen Muschelkalkboden verbracht. Noch sind die Triebe sehr, sehr klein und es wird wohl noch zwei Jahre brauchen, ehe die Reben Trauben tragen. Ich habe mir fest vorgenommen, diese Entwicklung fotografisch zu begleiten.

Von Kunitz über Golmsdorf und Beutnitz gelangten wir nach Löberschütz. Jedes Jahr besuche ich dort mit meiner Freundin die verwilderten Pfingstrosen und die zahlreichen Orchideen auf den Streuobstwiesen und Berghängen. Heute begegnete uns der 70-jährige Erhard Gößner mit seiner Frau, als sie von der Zietschkuppe kamen und ihren Anhänger voll Pfingstrosen auf ihren kleinen Hof brachten. Viel Wissenswertes erfuhren wir. Vom ehemaligen Weinanbau, dem gewerblichen Pfingstrosenanbau für die Pharma- und Kosmetikindustrie bis zum Schnittblumenanbau, den sie noch heute betreiben. Die Blumen seien für München und Berlin bestimmt, dort wären sie ganz verrückt nach den roten Schönheiten. Auch verriet er uns, dass er Rhönschafe halten würde, eine ganz alte deutsche Schafrasse mit schwarzem Kopf und weißen Fell und Beinen. Wir sollten aber nicht verraten wo, er hätte Angst vor Wilderen.



Die Blumenvielfalt im Gleistal ist überwältigend. Zahlreiche heimische Orchideen von stattlicher Größe (Purpur-Knabenkraut) oder die fast unscheinbaren Kleinen (Bienen-Ragwurz) waren ebenso vertreten wie andere Wildblumen. Der Ausblick auf die vom Sonnenschein leuchtenden Felder und Dörfer und die üppige Blumenpracht der Pfingstrosen (Paeonia – so ihr botanischer Name) war die erhoffte Pfingst-Wohltat für unsere Augen.



Obwohl es heißt: "Allemal zu Pfingsten - sind die Geschenke am geringsten." war dieser Ausflug mit meiner Freundin E. ein großes Geschenk.

Villa

19.05.10

Farben sind Taten des Lichts

Uns Jenaern wird am 28. Mai 2010 viel geboten. Der Frühlingsmarkt eröffnet mit dem Openair-Konzert der Gruppe "Keimzeit" sein Programm und der Botanische Garten lädt zur sechsten Tropischen Nacht in seine grünen Gefilde. Dort sollte die Jenaer Ska-Reggae-Funk-Band "Babayaga" das Lebensgefühl Karibik pulsierend über hiesige Breitengrade schwappen lassen. Gleichzeitig findet an diesem Freitag aber auch die Museumsnacht 2010 mit ihren zahlreichen Veranstaltungsorten statt. Unter dem Motto "VERWandlungen" liegt der Schwerpunkt auf 200 Jahre Goethes Farbenlehre.
Drei Wünsche (Veranstaltungen) – wie beim Überraschungsei sind mir aber für einen Tag eindeutig zu viel und so besuchten wir bereits heute die interaktive Ausstellung mit Experimenten zur Goetheschen Farbenlehre im Stadtspeicher. Das Haus am Markt, mit seiner schönen Hologrammfassade, eignet sich perfekt für das Thema Farben. Durch Experimente mit den farbigen Schatten entdeckte Goethe die Mitwirkung des Auges bei der Farbentstehung. Dem Gatten und mir machte es viel Spaß, Goethes wissenschaftlicher Arbeit zu folgen.

Es gibt kaum Programminformationen für die Tropische Nacht im Netz, hier eine Info:




Da die Farben nicht nur über das Sinnesorgan Auge auf unseren Organismus wirken, sondern auch über die Haut, hofft Villa auf einen farbigen und sonnigen 28. Mai in Jena.

09.05.10

Wo, zum Teufel, ist Altenburg?

Es war allerhöchste Eisenbahn dieser Frage auf die Spur zu kommen. Erstmals aufgenommen ins Bahn-Nostalgie-Programm, fuhr uns der "Altenburger-Express" (mit dem Dampfross 41 1144 der IGE "Werrabahn Eisenach" e.V. vor dem Traditionszug der DB Regio AG) durch die frühlingshaften, idyllischen und fruchtbaren Böden des Altenburger Landes. Während der Fahrt erzählte mir der 72-jährige Oberkesselwärter Karl-Heinz Klüger, dass er bereits acht Stunden vor Fahrtantritt den Kessel vorgeheizt hätte. Stolz, mit Orden geschmückter Brust, schwärmte er von 30 Jahren Eisenbahnarbeit und auch die anderen Mitglieder des Vereins vermittelten uns die Romantik und das Flair dieser untergehenden Dampf-Epoche.
Am wunderschönen - vom Dresdner Architekten Lehnert im Stile der Neorenaissance entworfenen - Bahnhofsgebäude der Thüringer Residenzstadt erwarteten uns die Führer der Altenburger Brauerei.


Brauereimuseum, Sudhaus, Filtration, Flaschenkeller und Ziegen-Streichelzoo waren Teile der Besichtigungstour. Besonders das sehr geräumige, 1914 im Jugendstil erbaute Sudhaus, wo der beliebte Gerstensaft angesetzt wird , gefiel uns mit seinen schönen, historischen Kupferkesseln. Wir erfuhren außerdem, dass alle verantwortlichen Posten der Brauerei, von der Geschäftsführerin über die Braumeisterin, Prokuristin bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit unter der Fuchtel des weiblichen Geschlechts lägen und diese "bösen" Frauen ein völliges Alkoholverbot für alle Mitarbeiter während des Dienstes verhängt hätten. Immerhin wollen 28000 bis 30000 typische Bügelflaschen pro Stunde abgefüllt werden und da kann man sich keine Pannen erlauben. Die Zeiten des berüchtigten "Altenburger-Flockenbräu" sind wohl endgültig vorbei.

Grau ist alle Theorie und so wurden wir in der alten Tenne zu frisch gezapftem Bier vom Fass und einem rustikalen Imbiss geladen. Dort hätten wir auch die restlichen Stunden bis zur Abfahrt des Zuges verbringen können, aber wir entschlossen uns recht schnell die Chance zu nutzen, Altenburg etwas näher kennenzulernen. Mit meinen lieben Kollegen wanderte ich zum Altenburger Residenzschloss, wo wir aus dem "Bachsaal" Töne der berühmten Trostorgel vernahmen. Auf den Hausmannsturm zu steigen, weigerten sich die meisten, dabei erleichterte uns ein stufenloser Wendelgang den Aufstieg zum Turmzimmer. Entspannter war dagegen der Spaziergang durch den Schlosspark. Die Wege der im englischen Stil angelegten Parklandschaft führten uns an der Orangerie, dem Teehaus, dem Mauritianum und dem Lindenau-Museum sowie einem herrlichen und vielfältigen Baumbestand vorbei.

Die Wettiner-Straße, die uns wieder zum Bahnhof führte, war gesäumt von prachtvollen Gründerzeitvillen, allerdings mit zum Teil fortschreitenden Verfallserscheinungen und ein Café à la "Stilbruch" suchten wir vergeblich. Die Bierstadt Altenburg tut sich schwer mit der Versorgung mit Tee- und Kaffeegetränken. Nur gut, dass ich eine geschäftstüchtige Asiatin in den Nähe des Bahnhofs bat, ihren Garten vorzeitig für uns zu öffnen und sie mit erfreulichem Fleiß all unsere Wünsche erfüllte. Xièxienín, Dank Ihnen Frau Duong Hong.

Vor Abfahrt des Sonderzuges hatten wir Gelegenheit, den Führerstand des Stahlrosses zu erklimmen und dort roch es herrlich nach Kohlenrauch, Dampf und Schmieröl. Nach Abfahrt machte der Zug noch eine Notbremsung, weil die Brauereichefin persönlich die letzten Biertrinker zum Bahnhof kutschiert hatte und diese Herren mit hängender Zunge, schnaufend wie unsere Dampflok und etwas aus dem Gleise geraten den Altenburger-Express gerade noch erreichten. Diese Brauhaus-Atmosphäre bestimmte auch die Rückfahrt und wir hatten etwas Mühe unser Zugabteil vor bierseliger Zudringlichkeit geschlossen zu halten.
Während der gesamten Hin-und Rückfahrt standen die Eisenbahnromantiker entlang der Strecke und freundlich grüßten wir in die Kameras.


Den Gatten beglückte ich mit Altenburger Festbier und dem Wunsch, dieses Ereignis mit dem "Rotkäppchen-Express" zu wiederholen, welcher nach Freyburg an der Unstrut fährt und mir der Wein dort einfach besser schmeckt als dieses untergärige Beruhigungsmittel.

Vom Führerstand der Dampflok Villa

04.05.10

Gescholtene Tulpe

Tulpen, ihr werdet gescholten von sentimentalischen Kennern,
Aber ein lustiger Sinn wünscht auch ein lustiges Blatt.
Goethe, Vierjahreszeiten - Frühling


Keine Ahnung warum die Tulpen gescholten werden sollen.
Unsentimental Villa

03.05.10

Das Stilbruch in der Wagnergasse

Von Cuentacuentos

Stil hat man, oder man hat ihn nicht, heißt es. Die einzige Alternative zu dieser Kontravalenz ist der Stilbruch, der natürlich voraussetzt, dass ein Stil vorhanden ist, den man brechen kann. Dazu wiederum müsste man definieren, was denn Stil überhaupt ist, und da das alles hier zu weit führen würde, kehren wir wieder zum Ausgangspunkt zurück:

Villa und ich haben Stil. Niemand der uns kennt, würde wagen, dies in unserer Gegenwart zu bestreiten. Gleichzeitig lieben wir die Abwechslung, und also begannen wir unseren 2. Mai mit einem Frühstück in Jenas Café Stilbruch. Für Villa war es weniger Abwechslung, denn sie frühstückte dort keineswegs zum ersten Mal. Und es war auch nichts Neues, dass wir meinen Besuch in Jena mit einem Frühstück in einem Café begannen, nur im Stilbuch hatten wir es bisher noch nie getan.


In der malerischen Wagnergasse reihen sich die Cafés und Restaurants aneinander, aber keines erfreut sich größerer Beliebtheit als das Stilbruch. Der Grund dafür sind die schmackhaften Gerichte, die schon als Augenschmaus auf den Tisch kommen, und die freundliche und schnelle Bedienung, sowie die Gäste, die sich dank dieser Vorzüge zahlreich einfinden – die meisten von ihnen jung, was in einer Universitätsstadt nicht wirklich überrascht.

So brachte uns der gutgelaunte Kellner dann auch unaufgefordert sogleich einen Krug für den Fliederstrauß, den Villa auf dem Weg zum Bahnhof für mich gepflückt hatte. Auch das Wetter war uns gnädig. Zwar präsentierte sich Jena an diesem Morgen nicht von seiner sonnigen Seite, aber die vorhergesagten Regenschauer verschonten uns bis zum Nachmittag, und vor dem Café saßen wir windgeschützt und von einem Heizstrahler hinreichend gewärmt.

Da dieser Eintrag (auch) so etwas wie eine Restaurantkritik ist, soll dem Wort Kritik auch noch Genüge getan werden: Kritisch anzumerken wäre also, dass das Café Stilbruch keine behindertengerechte Toilette hat. Der Abstieg über eine schummerige Wendeltreppe zu den gepflegten aber etwas engen Örtlichkeiten ist nicht wirklich komfortabel, muss aber wegen der Altstadtlage entschuldigt werden. Und so entschloss sich ein junges Paar, der Mann im Rollstuhl sitzend, das schon den Tisch neben uns besetzen wollte, dann auch bedauernd, aber ohne die gute Laune zu verlieren, zu einem Lokalwechsel.

Ja, gute Laune wehte wie ein sanftes Frühlingslüftchen durch die Gasse, und wären Villa und ich nicht ohnehin froh gestimmt gewesen, hätte sie uns sicher angesteckt. Von einem Glas Prosecco und dem Kaffee angeregt und gut gesättigt, brachen wir nach zwei Stunden auf zu weiteren Taten. – Törööööööö!


Danke Cuenta für deinen Bericht eines meiner liebsten Cafés in Jena.
Villa

01.05.10

Jena tanzt open air in den Mai


Hätten zu früheren Zeiten die Apparatschiks zum Maitanz mit russischer Volksmusik aufgefordert, wäre die Begeisterung sehr mäßig ausgefallen. Gestern lockte das "Rose-Open-Air - Tanz in den Mai 2010" Jenas Jugend in Scharen zum Faulloch am Johannistor.
Das Anheizen übernahm die Band "A Pony Named Olga" die ihre Zugaben mit der Maiparole "Wer Besitz hat, macht sich strafbar" ankündigten.
Anschließend waren die vier Musiker der deutsch-russischen Live-Party-Band APPARATSCHIK aus Berlin der fröhliche, spielwütige Garant für eine ausgelassene Tanzparty. Mit Highspeed-Polka, Russen-Ska, russischer Volxmusik des wilden Ostens und Rock'n Roll sorgten sie dafür, dass sich jeder im Takt der Musik bewegte. Mit einem Zigeunerlied um Mitternacht endete das Spektakel und der Wonnemonat Mai war in Jena willkommen geheißen.
Ein anderes großes Sommerspektakel wirft seine Schatten voraus. Hebbels Trauerspiel die „Die Nibelungen“ wird der diesjährige Auftakt der Kulturarena und ein Zitat von Friedrich Hebbel passt so schön auf den gestrigen Startschuss in den Mai: Ein Maitag ist ein kategorischer Imperativ der Freude.

Villa, die diesem jahreszeitlichen Optimismus folgt.