03.05.10

Das Stilbruch in der Wagnergasse

Von Cuentacuentos

Stil hat man, oder man hat ihn nicht, heißt es. Die einzige Alternative zu dieser Kontravalenz ist der Stilbruch, der natürlich voraussetzt, dass ein Stil vorhanden ist, den man brechen kann. Dazu wiederum müsste man definieren, was denn Stil überhaupt ist, und da das alles hier zu weit führen würde, kehren wir wieder zum Ausgangspunkt zurück:

Villa und ich haben Stil. Niemand der uns kennt, würde wagen, dies in unserer Gegenwart zu bestreiten. Gleichzeitig lieben wir die Abwechslung, und also begannen wir unseren 2. Mai mit einem Frühstück in Jenas Café Stilbruch. Für Villa war es weniger Abwechslung, denn sie frühstückte dort keineswegs zum ersten Mal. Und es war auch nichts Neues, dass wir meinen Besuch in Jena mit einem Frühstück in einem Café begannen, nur im Stilbuch hatten wir es bisher noch nie getan.


In der malerischen Wagnergasse reihen sich die Cafés und Restaurants aneinander, aber keines erfreut sich größerer Beliebtheit als das Stilbruch. Der Grund dafür sind die schmackhaften Gerichte, die schon als Augenschmaus auf den Tisch kommen, und die freundliche und schnelle Bedienung, sowie die Gäste, die sich dank dieser Vorzüge zahlreich einfinden – die meisten von ihnen jung, was in einer Universitätsstadt nicht wirklich überrascht.

So brachte uns der gutgelaunte Kellner dann auch unaufgefordert sogleich einen Krug für den Fliederstrauß, den Villa auf dem Weg zum Bahnhof für mich gepflückt hatte. Auch das Wetter war uns gnädig. Zwar präsentierte sich Jena an diesem Morgen nicht von seiner sonnigen Seite, aber die vorhergesagten Regenschauer verschonten uns bis zum Nachmittag, und vor dem Café saßen wir windgeschützt und von einem Heizstrahler hinreichend gewärmt.

Da dieser Eintrag (auch) so etwas wie eine Restaurantkritik ist, soll dem Wort Kritik auch noch Genüge getan werden: Kritisch anzumerken wäre also, dass das Café Stilbruch keine behindertengerechte Toilette hat. Der Abstieg über eine schummerige Wendeltreppe zu den gepflegten aber etwas engen Örtlichkeiten ist nicht wirklich komfortabel, muss aber wegen der Altstadtlage entschuldigt werden. Und so entschloss sich ein junges Paar, der Mann im Rollstuhl sitzend, das schon den Tisch neben uns besetzen wollte, dann auch bedauernd, aber ohne die gute Laune zu verlieren, zu einem Lokalwechsel.

Ja, gute Laune wehte wie ein sanftes Frühlingslüftchen durch die Gasse, und wären Villa und ich nicht ohnehin froh gestimmt gewesen, hätte sie uns sicher angesteckt. Von einem Glas Prosecco und dem Kaffee angeregt und gut gesättigt, brachen wir nach zwei Stunden auf zu weiteren Taten. – Törööööööö!


Danke Cuenta für deinen Bericht eines meiner liebsten Cafés in Jena.
Villa

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