30.12.12

Im Haltegriff des Fungi-Virus

Das Jahr 2012 neigt sich dem Ende zu, und wenn ich auf meine persönlichen Highlights zurückschaue, stelle ich fest, das Fungi-Virus hat mich befallen. Seit meiner Kindheit sammle ich begeistert Pilze, aber in keinem Jahr davor war ich mit dieser faszinierende Wunderwelt so beschäftigt.
Da lag es nahe, auch am Ende des Jahres nach den Klassikern unter den Winterpilzen zu schauen und ich wurde gleich vor der Haustür an der Saale fündig.
Austernseitlinge, deren Formationen stark an Muschelbänke erinnern, sind wohlschmeckend und ich fand sie gestern an abgestorbenen Baumstämmen und -stümpfen am Jenaer Camsdorfer Ufer.


Das morastige Ufergelände mit Pappeln, Weiden und Erlen hatte aber noch mehr zu bieten: Samtfußrüblinge (Winterpilz). Dieser beliebte Speisepilz wird von den Japanern als Inotake vermarktet und ist eine Delikatesse in der Küche. Die samtfüßigen Fruchtkörper schmecken angenehm mild-nussig.


Die fast frühlingshaften Temperaturen (9°C) erlaubten eine ausgedehnte Winterwanderung und ich wollte unbedingt noch Judasohren finden. Die fein-samtig-braunen Pilze schmecken nicht sonderlich gut, sind aber reich an Magnesium, Eisen und Kalium. Im Handel werden sie als Mu-Err-Pilz oder Chinesische Morchel verkauft. Mir gefällt ihr putziges, knorpeliges Aussehen, das an ein menschliches Ohr erinnert.


Schon Johann Wolfgang Goethe ließ 1783 nach einem Hochwasser eine Begradigung der Flussschleifen im Bereich der Camsdorfer Brücke durchführen und man findet in den Flussauen wunderbaren alten Baumbestand.


Wer also nach der Silvesternacht seinen Kopf freibekommen will, dem empfehle ich einen Winterspaziergang an "Jenas hellem Strande". Und haltet die Augen auf, ihr werdet erstaunliche Winterpilze sehen.

Norbert Leisegang Keimzeit

Das musikalische Jahr ging bei mir mit zwei Konzerten zu Ende, einem ein wenig enttäuschenden Elsterglanz-Konzert in Gera und einem großartigen Keimzeit-Konzert in Leipzig. Jenas Kulturarena kommt auch 2013 mit tollen Künstlern und meinem Lieblingsmusiker Leonard Cohen werde ich hinterher reisen. Karten für ein Konzert in Dänemark sind schon geordert.

Ich wünsche meiner Familie, meinen Freunden und meinen Lesern ein glückliches, schönes und gesundes Jahr 2013!

Villa

25.11.12

In der Jammerbucht

Fast keinen Grund zu jammern hatten wir bei unserem Herbsturlaub in der dänischen Jammerbugt an der Nordwestküste Jütlands. Das Wetter war für November annehmbar und so konnten wir die landschaftliche Schönheit dieser einzigartigen Natur genießen.


"Jammern ist der Gruß der Kaufleute" heißt es, aber die Jenaer Kaufleute hatten keinen Grund zu jammern. Alle unsere umfangreichen Vorräte wurden aus heimischen Geschäften in den hohen Norden Dänemarks verbracht. Bei der Ankunft im Ferienhaus bunkerten wir den größten Teil davon auf der Terrasse des Hauses. Auch ein extra bei der Buchaer Fleischerei bestellter frisch geschlachteter Hase war dabei und er sollte die Krönung gemeinsamer Kochsessions werden. Leider war schon in der ersten Nacht ein unverschämter Fressfeind zugange, der all die schönen Köstlichkeiten in die Dünen verstreute und den Mümmelmann stahl. Ausgerechnet zu dieser Zeit lobte Dänemark eine Belohnung von 5000 Kronen aus, für einen Wolf, den der dänische Ornithologe Kim Forst angeblich fotografiert hatte. Natürlich wurde nun in unserer Gruppe wild spekuliert, dass nur ein Wolf den Meister Lampe geraubt haben könnte. Ich forderte eine nahtlose nächtliche Observation der Terrasse, um den Täter in den darauf folgenden Nächten auf frischer Tat zu ertappen. Wir waren schließlich keine Jammerlappen!
Irgendwie gab es aber physische Probleme bei der Strategie der nahtlosen Überwachung und so konnte es passieren, dass es noch mehr Übergriffe auf unsere Vorräte gab. Zweimal wurde sogar das Dosenbier Opfer der Raubzüge und wir fanden am Morgen tiefe Zahnkerben von Fangzähnen in den LEEREN! Dosen. Frustriert verlagerten wir unsere Kochkünste mehr in den vegetarischen Bereich und besuchten zur Abwechslung das Nordsee-Ozeanarium in Hirtshals.


Wie ich aus gut informierten dänischen Kreisen gestern erfahren habe, der Wolf - nun ist er tot.
Die Uni in Aalborg hat bei einer Untersuchung festgestellt, das Tier sei einem Krebsleiden erlegen.

Einen ganz besonderen Charme hat diese Jahreszeit an der Nordsee. Die Stände sind menschenleer, die frische gesunde Nordseeluft zaubert rosa Wangen bei Spaziergängen in die Gesichter und in den Ferienhäusern ist es bei Kaminfeuer so richtig gemütlich.


Insgeheim dürften die Freunde wohl doch noch ein wenig gejammert haben, dass ich sie mit meiner Pilzverrücktheit genervt habe. Der November ist ja kein ertragreicher Monat für Funde und mit den Sorten und Arten im Jammertal des Norden kannte ich mich auch nicht so aus, aber ich habe dennoch ein paar Neufunde und Raritäten entdeckt. In den Lild Klitplantagen, einem internationalen Naturschutzgebiet, gab es ein Sammelsurium mir unbekannter Pilze.


Der blutblättrige Hautkopf, ein gelbbräunlicher Wurzeltrüffel und eine morchel-lorcheloide Missbildung fesselten besonders meine Aufmerksamkeit.


Jammern ist sozialer Klebstoff - Villa

Wie immer gilt: Doppelklick macht Bilder groß

25.10.12

Goldener Oktober in Jena

Das letzte Wochenende hatte sich den Namen "Goldener Oktober" redlich verdient. Mit Temperaturen von über 25°C bei stahlblauem Himmel kam die Laubfärbung der Bäume in und um Jena so richtig zur Geltung. Unsere Herbstwanderung führte über das Kernbergplateau nach Ziegenhain zum Fuchsturm auf den Hausberghöhen. Allerdings mussten wir die Horizontale wechseln (es gibt ja drei davon), weil wir den 36. Jenaer Kernberglauf mit über 1500 Teilnehmern nicht bedacht hatten. Die schmalen Wege erforderten viele Ausweichmanöver um die Sportler nicht zu gefährden. Unsere Anlaufstelle für das Mittagessen war die Gartenterrasse "Zum Ziegenhainer", die mit längst vergessenen regionalen Gerichten aus Großmutters Rezeptsammlung werben.



Die heimische Haustierwelt, der wir unterwegs begegneten, bot viel Abwechslung für das jüngste Mitglied der Wandergruppe. Sie entwickelte eine erstaunliche Kondition und wollte nie getragen werden. Auf einem Hallimasch-Hügel rief sie erfreut aus: ein Pilzenwald, ein Pilzenwald.



Für den Fuchsturm hatte ich mir etwas Besonderes einfallen lassen. Seit dem Besitzerwechsel sind dort drei wunderschöne romantische Fuchsbauzimmer ausgebaut worden und ich hatte große Hoffnung, dort zu nächtigen. Eigentlich waren die Zimmer ja für Ilja Richter reserviert, der an diesem Abend (ältere Semester erinnern sich vielleicht) aus seinem Buch "Spot aus! Licht an! Meine Story" las. Da er es aber vorzog, nachts doch ins Tal zu ziehen, bekamen wir den Zuschlag für die Zimmer. So konnte das Unternehmen "Nachtwanderung" starten. Es war eine spannende Geschichte für die Kinder, besonders die Durchrobbung einer Höhle nur mit Taschenlampen ausgerüstet.


Das größte Aha-Erlebnis kam für mich am frühen Sonntagmorgen. Von den vielen Buntspechten geweckt, war ich zeitig aufgestanden und es bot sich mir ein atemberaubender Anblick. Ganz Jena, am Vortag noch gut zu sehen, war in einem Nebelmeer ersoffen. War einfach nicht mehr da! Dichte Nebelschwaden im Tal und Sonnenschein auf der Höhe.
Hier der Ausblick nach Norden


und hier in Richtung Jena Zentrum.


Burgvogt Thomas Moenke servierte uns noch ein leckeres Frühstück, ehe wir diesen zauberhaften Ort in Richtung Tal verließen.

Villa, die diese Woche in der grauen Nebelsuppe Jenas gefangen ist, aber die schönen Bilder noch im Kopf hat.

18.10.12

Der Staub des Alltags

Trefflich formuliert hat Pablo Picasso seinen Ausspruch: "Kunst wischt den Staub des Alltags von der Seele." Meistens hat der Staub bei mir keine Zeit sich zu setzen. So auch am gestrigen Tag. Nach ein paar Stunden Tages-Job fuhr ich mit dem Zug nach Gera zu einem Symposium über moderne Krebstherapie. Der Weg zum Tagungsort führte mich durch die schöne Orangerie Gera. Das Barockbauwerk beherbergt die Kunstsammlung Gera und das Otto-Dix-Haus.

Im Stadtzentrum Gera kam mir Picassos Spruch unter die Augen, begleitet von den auffälligen Fassadenfiguren der Geraer Künstlerin Katja Byhan-Radewagen.


So richtig entstaubt wird mein Alltag durch Musik und um das geplante Konzert am Abend in Erfurt rechtzeitig zu erreichen, musste ich der Deutschen Bundesbahn vertrauen. Mit nur 25 Minuten Verspätung habe ich es auch knapp geschafft.
Keine Staubfänger sind die Musiker von "Der Familie Popolski". Mit ihrem neuen Bühnenprogramm "Get the Polka started" haben sie im HsD Gewerkschaftshaus ganz schön Staub aufgewirbelt. Es war ein Spektakel, das so richtig Spaß gemacht hat.


Villa, die von der Familie Popolski begeistert war

14.10.12

Die Ernte ist eingefahren

Am Grafenberg unterhalb der Kunitzburg gab es in diesem Jahr die erste Weinlese. Die Qualität auf der fünf Hektar großen Fläche soll hervorragend sein, aber durch die strengen Februarfröste hielt sich der Ertrag in Grenzen. Dieser Weinberg steht seit Pflanzung der ersten Rebe unter meiner Beobachtung und wenn vor Weihnachten die ersten Jenaweine von dort in den Handel kommen, bin ich sehr gespannt auf das Ergebnis.


Sehenswert sind in diesen Herbstagen auch die terrassierten Hänge bei Kleinjena und Großjena im Burgenlandkreis - wahrlich ein schöner Landstrich! Köstliches, bodenständiges Essen aus der Region zum Rebensaft machten unsere kleine Oktoberweinreise unvergesslich: Zanderfilet gefüllt mit Thüringer Rotwurst auf Trauben-Linsen-Gemüse mit Silvaner-Schaum und Gleinaer Knöllchen (Kartöffelchen, angebaut gleich hier um die Ecke) und im mageren Speckmantel gebratene Kräuterforellen vom Forellenhof Schmidt aus Müncheln. 
Mein Dank geht ans Mütterchen für die schöne Einladung.


Gestern mit dem vielleicht letzten warmen Sonnentag flüsterte der Altweibersommer leise zu mir: Villa komm in den Wald! Es war noch mal eine sehr ertragreiche Tour durch ein schönes Maronengebiet, rechts der Saale Richtung Rudolstadt. Die Kerlchen standen überall, auf Lichtungen, Waldrändern und im Unterholz. Dies wird wohl meine letzte pilzige Ausschau für dieses Jahr sein. Je mehr ich über Pilze erfahre, desto mehr weiß ich, dass ich nichts weiß.



Nachdem wir unsere Beutel Körbchen gefüllt hatten, fuhren wir durch Beutelsdorf, einem land- und forstwirtschaftlich geprägten Ortsteil der Gemeinde Uhlstedt-Kirchhasel. Von einer  Kamillenwiese aus konnte man die gut gefüllten Scheunen sehen. Im Ort entdeckte ich ein wunderschönes altes Bauernhaus, vor dem ein knorriger Apfelbaum und eine Wasserpumpe Wache standen.  Besonders das alte Türblatt mit Kassettenfüllung, gesäumt von Säulen erregte meine Aufmerksamkeit. Dank an den Gatten, der immer sehr geduldig auf mich wartet, wenn ich meine Fotos schieße und dabei die Zeit vergesse.


Villa, im Zauber des Herbstes und des Waldes gefangen.

06.10.12

Pilzschwemme in Ostthüringen 2012

Nachdem Pilzexperten landauf und landab von einem mageren Pilzjahr sprachen, kann ich das für unsere Ostthüringer Region nicht bestätigen. Gerade in den ersten Oktobertagen würde ich von einer regelrechten Pilzschwemme sprechen. Die Oktoberausbeute bringt Pilze im Überfluss! Das Füllhorn ist reichlich ausgestattet.
Fast schon unanständig unsere Steinpilzausbeute.

Alles ist stimmig im Wald: zur Jahreszeit das passende Wetter.
Maronen, sie sitzen gesellig im Gras.


Bei einem Ausflug in ein unbekanntes Birkenunterholz fanden wir viele Rotkappen und Birkenpilze. Rotkappen aus der Gruppe der Raufußröhrlinge sind eine Augenweide für jeden Pilzsammler und sie neigen sehr zur Freude der Genießer dazu, selten von Maden befallen zu sein.


Bei dieser bildhübschen Trilogie hat der Gatte gestreikt. Er wollte den wunderschönen Flockenstieligen Hexenpilz nicht zum Speisen haben. Dabei wird der Schuster-, Gaukler-, Zigeuner- oder Donnerpilz sehr hoch geschätzt und ist äußerst schmackhaft. Der Liebste hatte Angst, dass es der giftige Satanspilz wäre. Sehr eindrucksvoll bewies ich ihm, mit einem Anschnitt, dass sich das zitronengelbe Fleisch sofort tiefblau, ja fast blauschwarz verfärbt. Dieser jähe Farbumschlag hat ihn verblüfft, er glaubte fast an Hexerei.


Die Vielfalt und Auswahl im Wald war einfach überwältigend.

Ich nehme manchmal ein paar unsichere Kandidaten mit nach Hause, um sie in Ruhe bestimmen zu können. Die Pilzbuch-Literatur ist riesig und ich habe so einige im Regal. Aber mein liebstes Pilzbuch ist zugleich auch mein ältestes: Hennig/Kreisel: "Taschenbuch für den Pilzfreund". Im Moment lese ich das schöne Buch von Heinz-Wilhelm Bertram "Pilzsammler". Er hat lauter umtriebige Pilzsammler porträtiert und die Geschichten machen mir viel Freude beim Lesen.

Beim Feintuning bemerkte ich, dass ich mich bei den Reizkern vertan hatte. Da ich den Echten Reizker - "der Rote" - sehr mag und ihn an seinem karottenmilchigen Austritt und der Grünfärbung auch gut erkenne, hatte ich im Rausch der Sammelleidenschaft den giftigen Doppelgänger, den Birkenreizker mit ins Körbchen geladen. Die Ostvölker entgiften den Pilz ja durch längeres Kochen und Wegschütten des Kochwassers, aber bei dieser Fülle an Pilzen brauche ich mich nicht auf solche Experimente einlassen. Sehr schön zu sehen: der eingerollte, zottigfilzige Rand bei dem Birkenreizker.

Sorry für die vielen Fotos, sie entlohnen mich für stundenlanges Putzen.
Villa

04.10.12

Pilz-Manna fiel vom Himmel

Die von mir erwartete Invasion der Pilze ist prompt eingetreten. Ein bisschen Regen, ein wenig Föhn und viel Sonne. Et voilà! Die Natur bittet zu Tisch und das Waldbufett war am 3. Oktober reichlich gedeckt. Wunderbare Farben sahen wir bei unserem Waldspaziergang, manche Pilze sahen wie Pop-Art aus. Violette Lacktrichterlinge, Grünspan-Träuschlinge, Lackporlinge und natürlich die vielen Fliegenpilze setzten bildhübsche Akzente.


Besonders der Grünspan-Träuschling hatte es mir angetan. Er ist nicht nur eine Augenweide, sondern auch essbar.


In meinem Revier gab es große Ansammlungen von Speisepilzen. Da waren Birkenpilze, Hohlfussröhrlinge, Sandpilze. Rotfüßchen, Steinpilze und Butterpilze und ein regelrechter Maronen-Boom.


Butterpilze, die Amerikaner nennen sie "Slippery Jack", was im Deutschen so viel wie schlüpfriger Hans bedeutet.


Dank an die Freunde und den Gatten, die mich auf diesem schönen Waldspaziergang begleiteten und den Pilz-Braten gemütlich mit mir putzten. Er wurde im Freundes- und Familienkreis verschenkt und verspeist.

Villa, Fungus Fortunatus

23.09.12

Der Tod des Sommers ist ein farbenprächtiger Herbst

Bunt ist das Programm auf dem Jenaer Altstadtfest 2012 und das Antwerp Gipsy-Ska Orkestra war für mich ein besonders kurzweiliges Hörvergnügen.


Aber in diesen Herbstagen zieht es mich immer magisch in den Wald zum Pilzesuchen. Während aus Oberbayern eine unglaubliche Steinpilzschwemme vermeldet wurde, sah es nach der langen Trockenperiode in den Wäldern unserer Region ziemlich mau aus mit der Frucht des Myzels. Den Regen in den letzten Nächten sahen Phillipp und ich als Initialzündung für das Pilzwachstum in Thüringen und so begaben wir uns auf die Pilzpirsch. Der Zeitpunkt war sicherlich noch etwas früh, jedoch sind wir nach unserem Waldgang fest davon überzeugt, in ca. 48 Stunden beginnt der Aufbruch.
Erste Farben bringen die hübschen Rotweißen ins Spiel, die sich frisch durch den Waldboden schoben. Sie sind immer wieder ein Hingucker und man munkelt: Wo es Fliegenpilze gibt, gibt es auch Steinpilze. Wir sahen in der Nähe auch restlos abgenagte Steinpilze, wahrscheinlich durch Mäuse. Der Saalekreis leidet derzeit unter einer verheerenden Mäuseplage und sie huschten häufig am Waldboden entlang.


Ein breites Spektrum an Farben begegnete uns auch bei den Flechten. Sie sind Lebensgemeinschaften aus Pilzen und Algen.


Ganz stark im Kommen sind die Boviste und Stäublinge. Wenn die Fruchtmasse noch schön weiß und fest ist, kann man sie durchaus seinem Pilzsammelsurium hinzufügen. Die giftigen Kartoffelboviste haben wir nicht mitgenommen, die essbaren Beutel-Stäublinge auch nicht, aber eine Handvoll Flaschen-Stäublinge wanderten ins Körbchen.


Während wir noch über die Volkspoesie deutscher Pilznamen philosophierten, fanden wir zum Beispiel den Gemeinen Afterleistling, auch Falscher Pfifferling genannt. Dieser dem echten Pfifferling sehr ähnlich sehende Vertreter, riecht zwar angenehm, hat aber einen geringen Nährwert. Ins neue Pilzkörbchen wanderten Goldröhrlinge, Sandpilze, ein paar wenige Maronen und Rotfüßchen.


Auf einer Kiefernlichtung stießen wir dann auf unseren Überraschungsfund des Tage: eine größere Fundstelle von Edelreizkern (Lactarius deliciosus), auch Blutreizker genannt. Deliciosus bedeutet im Lateinischen köstlich und der karottenrote Milchaustritt tut dem keinen Abbruch.


So ganz zufrieden mit unserer Ausbeute waren wir dennoch nicht und so kamen uns die zwei Riesenschirmpilze, die wir noch fanden, wir ein Rettungsschirm vor. Bei unserer späteren gemeinsamen Kochsession wurden sie zu vorzüglichen Parasolschnitzeln verarbeitet. Gebackene Schirmpilze müssen wie ein Soufflé sein, von außen knackig und innen ein schön fluffiges Schirmpilzmundgefühl erzeugen.
Der Rest des Pilzallerleis wurde mit Schalotten, Petersilie und zartem Rosmarin gebraten, in Sahne geköchelt und zu Nudeln gereicht.


Es hat mir großen Spaß gemacht wieder einmal mit Phillipp zu kochen!

Villa, die die Thühringer Invasion der Steinpilze erwartet
Wie immer gilt: Doppelklick macht Bilder groß

16.09.12

Oldtimersternfahrt zum Tag des Handwerks in Jena

Zwitscherkollegin @anne234 hatte recht, als sie gestern schrieb: "Mehr geht fast nicht: Altstadtfest, Flohmarkt, Tag des Handwerks, Oldtimer, Thüringer Büchertage..."

Bundesweit wurde am 15. September der Tag des Handwerks gefeiert und  die Innungen der Region hatten auf dem Leutragraben Jena eine Handwerkermeile errichtet. Motto des Tages: "Wir sind Handwerker. Wir können das." Neben dem bunten Bühnenprogramm (Andreas Geffarth und Double Drums aus München habe ich mir angehört) präsentierten sich verschiedene regionale Handwerker.

Für mich, als "alte Autobauerin", war natürlich die Oldtimersternfahrt mit über hundert Oldtimern aus dem Freistaat auf dem Ernst-Abbe-Platz Pflichtprogramm. Die historische Fahrzeugparade zog viele interessierte Schaulustige an, um die Zeugnisse der Mobilität eines ganzen Jahrhunderts zu sehen.


Zum Publikumsliebling wurde das Modell P70 Coupe Baujahr 1959 vom VEB Sachsenring Zwickau mit 22 PS gewählt. Sichtlich stolz erzählte mir Besitzerin Marlene Schlechtiger aus Bad Berka, dies wäre das letzte Modell aus der Serie (von der nur 1500 gebaut wurden) und sie hätten noch den originalen Kaufvertrag. Besonders schönes Detail, die liebevolle Lederausstaffierung des Kofferraumes. Auch den weitgereisten Gästen aus der Dominikanischen Republik gefielen die Veteranen und Sammlerstücke.



Schon lange suche ich genau DIESEN Oldtimer Halbschalenhelm mit Brille. Wer ein Angebot hat, immer her damit.


Der interessanteste Aussteller an diesem Nachmittag war für mich Wolfgang Höhne aus Jena und sein Sport-Cabrio Goliath-Pionier Baujahr 1933. Das auf drei Rädern gebaute Modell bestach durch seine Schlichtheit: ein Einzylindermotor 5,5 PS, Dreiganggetriebe und schon eine Blinkeranlage statt Winker. Allerdings sei der Motor müde, meinte Höhne, aber im nächsten Jahr wolle er daran bauen und er hoffe, dann schneller als 30 Km/h fahren zu können und damit auch für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen zu werden. Chassis und Motor waren noch original, die Karosse hat der Hobbybastler nach besten Wissen und Gewissen nach Fotos aus Holz und Kunstleder nachgebaut. Lose organisiert sei er mit seinem alten Klassiker bei einem Jenaer Oldtimer-Club.


So, Phillipp, ich habe mir genügend Anregungen geholt, um die Evolution Seifenkiste voran zu treiben. Bald werde ich hier unsere Fortschritte zeigen und über meine ersten Schweißversuche an der Achsschenkellenkung berichten.

Villa, im Autobaufieber

15.09.12

Hundert Taschen

"Wenn man viel hineinzustecken hat, so hat ein Tag hundert Taschen" lautet ein Zitat von Friedrich Nietzsche und meine Taschen sind prall gefüllt.
Die letzten Konzertbilder der Kulturarena wollte ich noch zeigen. Die Zeit des Festivalfiebers vor dem Theaterhaus war für mich Kraftakt und Jungbrunnen zugleich. 68.500 Besucher begaben sich auf diese musikalische Sommer-Entdeckungsreise 2012 in Jena und erfreuten sich an Live-Musik.

Heimvorteil hatten die Jena-Herren von "Feindrehstar", die feinste Clubmusik unter die tanzwütige Menge brachten. Gemeinsam mit dem Genfer DJ Kadebostan und seiner National Fanfare of Kadebostany übertrugen sie trotz Regen die Spielfreude eins zu eins aufs Publikum. Ein großer Abend!



Sein bislang am schnellsten ausverkauftes Konzert sei es gewesen, erklärte Tim Bendzko den 3000 Besuchern und natürlich wollte er "Nur noch kurz Jena retten". Das Tim Bendzko-Konzert war eine fröhliche Familiensause. Nicht so ganz mein Musikgeschmack, aber ich ließ mich von der munteren Bühnenshow und den begeisterten Fans anstecken.


Eine der hundert Taschen habe ich gestern sehr gerne gefüllt mit dem Besuch der aktuellen Ausstellung in der Kunstsammlung im Stadtmuseum. Die wunderbare Ausstellung des russischen Malers Alexej von Jawlensky, der mit seinem expressionistischen Stil den Impressionismus ablöste, ist schon vor hundert Jahren vom Jenaer Kunstverein gezeigt worden. 1912 stieß Jawlensky mit seinen "Köpfen" bei den Jenaern auf Begeisterung. Er schloss sich der Arbeitsgemeinschaft "Blauer Reiter" an und auch von seinen Weggenossen Klee, Feininger und Kandinsky sind einige Bilder in der Ausstellung.


Wer sich musikalisch die Taschen vollhauen möchte, hat beim Altstadtfest Jena 2012 eine große Auswahl. Gestern nach dem traditionellen Turmblasen und Bieranstich eröffneten fast hundert Jahre Bandgeschichte den musikalischen Reigen. Mit "Modern Soul Band" und "Electra" standen zwei DDR-Klassikrockbands auf der Marktbühne, die bis heute großartige Konzerte geben können. Als gegen 23.00 Uhr "Tritt ein in den Dom" zelebriert wurde, Bernd Aust mit wunderbaren Querflötensolos glänzte, waren die gestandenen Dresdner Jenas Markthelden.


Ebenfalls aus Dresden kommt die Band "Letzte Instanz", die mit Rock im Wave-Gothic-Stil am Sonntag auf der Bühne stehen wird. Mein Favorit ist am Mittwoch, 19.September, zu hören, die Musiker aus dem kulturellen, belgischen Schmelztiegel Antwerpen, das Antwerp Gipsy-Ska Orkester.

Villa, die sich aufmacht, die Ankunft der über hundert Oldtimer aus Thüringen auf dem Ernst-Abbe-Platz zu besichtigen.