30.06.10

Stinkende Schönheit


Ein botanisches Großereignis erlebte Jena in den vergangenen zwei Tagen. Im Forschungsgewächshaus des Max-Planck-Institutes für chemische Ökologie erblühte im sechsten Vegetationszyklus nach Aussaat die größte Blume der Welt. Der Titanenwurz (Amorphophallus titanum; aus dem griechischen amorphos für unförmig und phallos für Penis) zählt zu den spektakulärsten Pflanzenarten der Welt und ist in den Urwäldern der indonesischen Insel Sumatra beheimatet. Vor sieben Jahren wurden die Samen in einem Palmengarten in Frankfurt am Main gesammelt und von der Biologin Dr. Tamara Krügel gesät. Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes der Abteilung Evolutionäre Neuroethologie stehen die faszinierenden Bestäubungsmechanismen.
Viel Zeit, den Blütenstand zu bewundern, durfte man sich nicht lassen, der Riesen-Stinkwurz blüht nur 24 Stunden. Angelockt von dem unerträglichem Verwesungsgeruch nach Aas, Urin und Exkrementen tummelten sich gestern neugierige Besucher und Fliegen um die prachtvolle Blüte. Die Mitarbeiter hatten ein kleines Fenster ins Hochblatt geschnitten und gewährten mir einen Blick in das Innere. Unten seht ihr die roten weiblichen Blüten, darüber die cremefarbenen männlichen Blüten, die die Pollen bilden.

Zwischen Geruch und Gestank liegen manchmal nur wenige Moleküle, die erste Pflanze dieser Art in Thüringen stank mit ihrer Blüte zum Himmel - Villa

27.06.10

Fußballfieber

Viel Spaß am heutigen Sonntag beim WM-Klassiker Deutschland gegen England

Im Fußballfieber Villa

26.06.10

Eine symbiotische Einheit

Wenn Lehrende und Lernende, die "Leuchten" der Landespolitik und Hausmeister, gemeinsam ein rauschendes Sommerfest feiern, dann hat Jenas Universität abermals bewiesen, dass sie eine symbiotische Einheit mit der Stadt bildet. Das Motto des Abends "Lichtsymbiose", das an das Internationale Jahr der biologischen Vielfalt erinnern sollte, ließ 4800 Gäste feiern, flanieren und genießen. Ein Abend so prall wie das Leben, mit erstklassiger Live-Musik, aufwändigen Lichtdekorationen im Festareal Griesbachgarten/Planetarium/ Botanischer Garten und einem musikalischen Feuerwerk (Carmina Burana), welches die Reinstädter Feuerwerker am Prinzessinnenschlösschen pyrotechnisch inszenierten.

Kulinarisch deftig wurde ein Sechs-Zentner-Ochse am Spieß gegrillt und zu meiner großen Freude war der Weinstand aus unserer Region. Mit dem Geschäftsführer vom Thüringer Weingut Bad Sulza Andreas Clauß führte ich eine sehr informative Unterhaltung über die Neuanpflanzung in Jena-Kunitz und die Erweiterung der Rebfläche am Großen Gleisberg. Der Gatte und ich schossen mit farbegetränkten Bällen auf eine Leinwand, die vom Jenaer Künstler Timo Faber installiert und später für einen gemeinnützigen Zweck versteigert wurde. Das Losglück ereilte mich bei einer Tombola zugunsten der Juni-Kinder (eine flexible Kinderbetreuung auf dem Uni-Campus) und schon bald kann sich die Thalia Buchhandlung auf einen Besuch von mir freuen. Sehr, sehr interessant war die kleine Forscherwerkstatt im Freigelände des Griesbachgartens zum Thema biologische Vielfalt. Jede der einzelnen Stationen wurde kreativ betreut und selbst der Chef des Botanischen Gartens, Prof. Dr. Frank Hellwig, ließ es sich nicht nehmen, die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit zu demonstrieren. Dies allein hätte für eine Abendunterhaltung ausgereicht, aber wir wollten ja noch den zahlreichen kulturellen Amüsements beiwohnen.

Acht Bands rockten auf sieben Bühnen Jena. Kabarett, Theater und Filmvorführungen komplettierten das reichhaltige Angebot. Wer im Pappelsaal tanzen wollte, ließ sich vom Bigband-Sound der Wolf-Friedrich-Bigband verführen, wer der Intensität des Blues erlag, bekam eine Gänsehaut bei dem Duo "Friend`n Fellow" und wer die gute Laune mit in den nächsten Tag retten wollte, sang und tanzte beim Rock'n'Roll in Reinkultur der "The Firebirds".
Das gesamte Publikum vor der Planetariumsbühne johlte den letzten Titel der Band, den offiziellen Rocksong des Staates Ohio und dessen Universität Ohio State University "Hang On Sloopy" lauthals mit.

Der Vollmond spendete uns sein machtvolles Gewebe aus Licht und das durchdringend laute Froschkonzert im Seerosenteich begleitete mich auf dem Heimweg - Villa



20.06.10

Kulinarischer Wahnsinn

Die bestehende Verknappung der Fischreserven zwingt die Wissenschaft nach Alternativen zu suchen. Neue pflanzliche omega-3-Fettsäuren, z.B. wegerichartiger Natternkopf (Echium), waren Bestandteil einer "Humaninterventionsstudie zum Metabolismus und kardiopräventiver Wirksamkeit pflanzlicher omega-3-Fettsäuren". Zwölf lange Wochen plagte ich mich war ich Studienteilnehmer an der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät der Universität Jena. Gewaltig unterschätzt hatte ich meinen Aufwand dafür. Blutabnahmen, Urinsammlung, Körperfettmessungen, Basiskost, Fischverbot, Ernährungprotokolle waren dabei nicht das Problem. Die tägliche Test-Öl-Einnahme (17g) fiel mir zunehmend schwerer.
Am Ende ekelte ich mich vor allem, was nach Öl aussah oder schmeckte. Die Reglementierung meiner Essgewohnheiten fiel mir auch nicht leicht. Letzte Woche endete das selbst gewählte Elend und ich erfüllte mir einen lang ersehnten Wunsch. Einmal, einmal nur wollte ich in den höchsten Thüringer Koch-Olymp aufsteigen.

Seit 1993 wirkt in der Kunst-und Kulturstadt Weimar ein italienischer Künstler am Herd und der exzellente Ruf des Gourmet-Restaurants "Anna Amalia" weckte meine Begehrlichkeit.
Quartier nahmen wir in einem der ältesten Hotels der Stadt, dem "Grand Hotel Russischer Hof". Das Hotel übermittelt in all seinen Räumen die wechselvollen Geschichte und das kulturelle Leben der Klassikerstadt. Sehr schöne Bilder hingen in unserem Zimmer und wir entspannten uns vor unserem Gourmet-Abenteuer.


Zahlreiche Auszeichnungen erkochte sich der Chef de Cuisine Marcello Fabbri und seine Mannschaft. Der "Feinschmecker” kürte das “Anna Amalia” zu einem der besten Restaurants Deutschlands und vom Gault-Millau erhielt es 17 (von 20) Punkte. Bereits zum sechsten Mal in Folge
bekamen sie einen Stern in der "roten Bibel" von dem Restaurantführer Guide Michelin. Ich war so aufgeregt vor dem Hotel "Elephant", dass mir jeder Appetit abhanden gekommen schien.
Daran, dass ich die raffinierten Köstlichkeiten während der fünf Stunden genießen konnte, hatte der professionelle und charmante Service einen großen Anteil. Besonders der sehr unterhaltsame und fachkundige Restaurantleiter und Sommelier Roman Drobeck nahm mir jede Scheu und wir plauderten über meine Vorliebe für Saale-Unstrut-Weine.

Die Fotos lassen erahnen, wie üppig und kunstvoll mein Degustationsmenü war. Zu dem Feuerwerk der sieben Gängen kamen noch zahlreiche Grüße des Hauses aus der Küche und ich war von der Qualität restlos begeistert. Ich habe noch nie so großartige Speisen auf meinem Gaumen zergehen lassen und auch die begleitenden Weine waren sehr fein gewählt.

Im Gourmet-Himmel angekommen Villa

06.06.10

Blut, Schweiß und Weißwein

Das Gute im Wein
Oder
Das Böse unter der Sonne an Saale und Unstrut


Als Vinophile Ermittler waren wir Gäste der 1. Krimi-Wein-Wanderung des Thüringer Weingut Zahn, Kaatschen Weichau. Das mordsmäßiges Vergnügen hat Phillipp zusammengefasst:

Mit 45 Euro kann man viel machen.
Man kann sich eine Eintrittskarte für ein Bundesliga-Spiel kaufen, einen Mittelklassewagen halb voll tanken oder sich mit 20 Portionen Himbeereis den Magen verderben. Man kann aber auch eine Wanderung rund um das Weingut Zahn in der lieblichen Gegend zwischen Kaatschen, Rödigen und Tultewitz machen.
Am besten, und in ein Fußballstadion würde ich auch nur ungern alleine gehen, ist es natürlich, wenn man noch ein paar Freunde an seiner Seite weiß. Am allerbesten, wenn diese Triathleten, Rettungsschwimmer oder Weinköniginen (im Idealfall in Personalunion) wären. Warum? Weil es hier um eine (endlich) sommerheiße Krimi-Weinwanderung ging. Ein EVENT!
Nein, nicht eine dieser schnöden Weinverkostungen mit anschließendem zwanghaften Kaufrausch, sondern ein echter Krimi. Geschrieben von Matthias Biskupek persönlich. Da lässt der gemeine Blogschreiberling nebst Spürnasenfreunden doch sofort den Federkiel aus der Hand fallen und begibt sich stante pedes auf die Spuren von Dr. Watson und Co., um mit Instinkt und CSI-Methoden (wozu glotzt man sonst diesen Mist?) den Täter spektakulääärrr dingfest zu machen. Harr!
Aber der Reihe nach.
Nachdem die 124 Gäste und auch ein Kamerateam(!) endlich eingetroffen, die üblichen Grußworte der Ausrichter verkündet waren, hörten wir uns, mit einem Gläschen Sekt bewaffnet das erste Kapitel des Krimis an (obligatorischer Leichenfund, erste Hinweise). Leider war der Autor selbst, zu ganz ganz toll wichtigen Terminen kreuz und quer im Lande unterwegs und so übernahm Helga Heilig, Redakteurin des Naumburger Tageblatts die Aufgabe, der geneigten Krimi-Wandergruppe die polizeilichen Ermittlungen häppchenweise vor, während und nach unseren Weinproben auf Feld und Hain vorzutragen. Dieser Vortrag allerdings war eher mäßig. Ich wurde die ganze Zeit den Eindruck nicht mehr los, sie habe den Text, wenn schon nicht zum ersten Mal, so doch aber nicht viel öfter vor ihren strengen Oberlehreraugen (Trinken Sie Wasser!!!!) gehabt.
Eingeteilt in Gruppen zu zwei Dutzend durstigen Möchtegern-Detektiven durchlatschten wir fortan den schönen Burgenlandkreis bei wolkenlosen Burgenlandhimmel und wohl 30 Grad herrlichster Burgenlandsonnenhitze. Seit der Kachelmann in der JVA herumoxydiert, fehlt mir jede Anleitung, wie ich das Wetter gefälligst zu fühlen habe. Aber irgendwas ist ja immer.


Waren die Zahnwinzer mit Hinweisen und Indizien für "unseren" Mordfall auf der Strecke eher geizig, hatten sie doch glücklicherweise für genügend Stationen mit ausreichend Wein und sehr leckeren Speisen gesorgt. Für Letzteres zeichnet übrigens der freundliche Rumtreiber Steffen Franke verantwortlich, der uns nicht ohne Stolz von seinen Wanderjahren in fremden exotischen Kochgefilden berichtete. Überhaupt waren die Einheimischen vom sympathischen Chefkoch über Opa Felix (Musik) bis zur Weinprinzessin Cathleen I. zu Reinsdorf allemal ein Gewinn.
(Dass sie nun mal nicht Auto fahren können, jeder der schon mal ein BLK-Nummernschild vor sich hatte weiß, was ich meine, ist ja keine böse Absicht.)


Mit jeder Station bekamen wir lahmere Füße und bessere Laune. Als uns zum Abschluss eine Flussfahrt zurück zum Weingut geboten wurde, waren wir begeistert. Okay, wer auch immer sich ausgedacht hatte, dass es eine gute Idee wäre, 16 angetüdelten Landratten ohne jegliche Führung, Erfahrung oder Schwimmwesten (war wahlweise, also legte die keiner an) auf die Hochwasser führende Saale zu lassen, sollte besser in einer extrem kulanten Berufsgenossenschaft versichert oder auf ein persönliches Treffen mit Jörg Wettergott erpicht sein. Glücklicherweise blieb es bei einigen blauen Flecken, Kratzern, Prellungen und einem blutbeschmierten Hemd. Unser selbsternannter, ahnungsloser Steuermann aus der Seefahrerhochburg Sonneberg sollte Neptun mal eine Kerze spendieren. Verdient hätte er es, aber wirklich!

Wir strandeten (Landung konnte man das wahrlich nicht nennen) dann auch fast punktgenau am Ausgangspunkt unserer Krimi-Wanderung und mit Mühe habe ich Mitreisende zurückgehalten, auf den Knien den Boden zu küssen. Lag es am Silvaner, oder weil wir so knapp dem Seefahrertod entronnen waren? Jedenfalls haben wir anschließend noch schön gefeiert. Ist ja eh Bundesligaspielpause, gell?


PS. Ach ja, der Mörder war tatsächlich der Gärtner.

Soko Zahn - Phillipp und Villa

05.06.10

Karawane-Festival 2010 in Jena

In Jena findet vom 4. bis 6. Juni das Open-air-Festival gegen Neo-Kolonialismus und Rassismus "Karawane-Festival 2010" statt. Drei Tage ist die Saalestadt Gastgeber für ca. 3000 Aktivisten und 125 Künstler aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt. Mit kulturellen Mitteln hat das bunte Treiben unter dem Motto »Vereint gegen koloniales Unrecht – In Erinnerung an die Toten der Festung Europa« gestern begonnen. Am Faulloch/Pulverturm fand die zentrale Eröffnung statt und eine Bild-Präsentation des Künstlers Domingo Huaman (Peru). Auf dem Holzmarkt wurden mit 1000 Mini-Zelten ein Klimaflüchtlingslager aufgestellt. Alle Infos über die vielfältigen Veranstaltungen am Theaterplatz, Johannistor, Holzmarkt und dem Campus finden sich hier.

Das Wetter spielt mit und ich wünsche dem Karawane-Festival eine breite Öffentlichkeit.
Villa

03.06.10

Perlen auf dem Jenaer Frühlingsmarkt

Das musikalische Eintauchen auf dem Jenaer Frühlingsmarkt war witterungsbedingt eine feuchte Angelegenheit. Dennoch konnte ich kleine Schätze und Perlen finden. Als glänzende Perle mit Tiefgang erwies sich die aus die aus Polen stammende und im Moment in Wien lebende junge Künstlerin Agnès Milewski. Mit einer wunderbaren Stimme sang sie traumhaft schöne Songs und tauchte dabei in Unterwasserwelten aus Piano und Gitarre. Als kettenrauchender Seebär verwandelte Karl Hlamkin mit seinem Inflammable Orchestra uns Besucher in wahre Springfische, die bei exzellenten Russen-Brass und moldawischen/klezmer/latino Rhythmen wild auf dem Markt auftanzten, als würde sich das Netz zuziehen. Der Priester des Russian Ska aus der Moskauer Musikszene nennt seine Richtung „hyperpositive Musik“ und war für mich die größte unverhoffte Perle.

Von Theodor Fontane stammt das Zitat: "Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können."

Ich hoffe die Sonne hält nun Einzug und in den letzten Frühlingsfesttagen können die Stände und Fahrgeschäfte durch Besucheransturm ihre Zeche (erhöhte Standgebühren) gut bezahlen.

Mit Perlenkette um den Hals - Villa