30.09.07

Die letzte Pilzsuche in diesem Jahr

Als mich beim ersten Sonnenstrahl heute Morgen der insgeheim erhoffte Anruf von Phillipp ereilte, ob ich mit in die Pilze kommen würde, sagte ich natürlich sofort zu. Gute Gelegenheit nach dem vielen Regen und der gestrigen Nacht, in freier Natur auszulüften. Ich hatte mir, auf die Schnelle, ein paar ganz gemeine Spielchen ausgedacht. So musste derjenige, der zuletzt einen essbaren Pilz findet, mein Russenkopftuch im Wald tragen und es traf, wie nicht anders erwartet Phillipp, der der Walddepp war. Wir waren völlig allein im großen Wald, sozusagen die Platzhirsche.Jede Heimatkundelehrerin hätte ihre reine Freude an unserem Waldspaziergang gehabt. Wunderschöne tödlich giftige Grüne Knollenblätterpilze, Mistkäfer in Hülle und Fülle, Fröschlein, die dem Nichtenkind so sehr gefallen haben und vieles mehr haben wir gesehen. Dazu eine Laubfärbung, die uns an den kanadischen Indian Summer erinnerte. Ja und Pilze haben wir auch ein Paar gefunden. Allerdings nicht die erhofften Steinpilze, dafür war es in den letzten Tagen doch zu kalt. Frische Luft macht hungrig und so befragte ich auf der Heimreise einen taubstummen Friedhofsgärtner nach dem besten Gasthof in der Gegend. Die Kommunikation mit ihm war sehr schwierig, aber er hatte einen Tipp, den er uns unbedingt mitteilen wollte. Wir einigten uns auf "Deutscheck" als Kneipe, die wir suchen müssten, aber er wollte uns "Dohlenstein" vermitteln und genau diese Dorfkneipe fanden wir schließlich.Gute Thüringer Hausmannskost bekamen wir und der Gatte hat sich vermutlich grün geärgert, dass er nicht mit von der Partie war. Nun sitze ich zu Hause mit einem großen Korb Gemeiner Hallimasch und muss ihn verarbeiten.

Übrigens sehr eigentümlich ist die Eigenschaft des Hallimaschmyzels, im Dunkeln zu leuchten. Wenn es eine Nachtwanderung gewesen wäre, hätten wir ein magisches Leuchten sehen können. Aber auch so haben wir unseren Heimweg gefunden, gerade rechtzeitig, um den grandiosen Sieg der deutschen Fußballfrauen, mit Titelgewinn ohne Gegentor, mit zu erleben. Nachdem vergangene Woche mit der ersten weiblichen Schiedsrichterin, die letzte Bastion im Männerfußball gefallen ist, war der Sieg die logische Konsequenz.



Pilzeputzend Villa

29.09.07

Trotz alledem - Hannes Wader in Jena

Wir hatten uns sehr auf dieses Konzert gefreut, im Vorfeld die alten AMIGA-Platten aufgelegt und die uns sehr vertrauten Lieder gesungen. Wader singt in einem seiner Titel, das nichts bleibt, wie es war...

Das Volkshaus, nicht auf den letzten Platz gefüllt, war in freundlicher Erwartung. Jahrzehntelang sang er gegen die Obrigkeit und die Missstände der Gesellschaft und hatte sich den Ruf eines politischen Liedermachers erworben. Seltsam verloren kam er mir auf diesem Konzert vor. Sicher gefielen mir die Titel mit seinem warmen natürlichen Timbre, sein Gitarrenspiel, seine lyrischen und sehr persönlichen Texte. Das Kokettieren mit seinem Alter fand ich auch nicht schlimm (hat K. Wecker auch gemacht) aber seine Fahrigkeit, seine Interaktion mit dem Publikum, seine Textunsicherheit (Bei seinem Titel "König von Preußen" fielen ihm nur die ersten 2 Strophen ein) machten mich im Herzen traurig. Ich vermisste den kämpferischen Wader. Als er dann noch fast gebrochen das Publikum befrage, was er tun solle, weil Neonazis sich seiner Lieder bemächtigten, hätte ich fast geweint. Mir fiel seine alte Liedzeile : "Zeit zu bleiben und nun was ganz andres zu tun" ein. Lieber Hannes mach`s gut, es war das letzte Konzert von dir auf dem ich war.

Es war schön TROTZ ALLEDEM!!! Villa




Grauer, Falten-oder Knoten-Tintling

So Phillipp, war ich eben alleine in den Pilzen. Die Ausbeute war, ja wie sag ich es, etwas suspekt.
Schön jung sind sie ja, aber... der Doppelgänger vom Schopftintling ist auch durchaus jung essbar, aber dieser Coprinus Atramentaius hat eine unangenehme Nebenwirkung:
Mit Alkohol sofort Antabuseffekt!
Nun muss ich mich entscheiden, hatte ich doch zum Mittag einen rassigen Süditaliener geplant, mit einem aromatischen Duft von dunklen Beeren. Wer wird wohl das Rennen machen? Die Zeitung ist der Beweis, dass der Fund tatsächlich von heute ist.
Furio habe mich entschieden Villa

PS Die Farbintensität dieser Drecksdinger haben bewirkt, dass ich ein schwarze Messe abhalten muss, dabei wäre heute Abend Hannes Wader angesagt.

28.09.07

And the Winner is


Ja, ich gebe zu liebe Nordländer, ihr habt gewonnen und den nördlichsten Pilz am gestrigen Tag gefunden. Ihr hattet aber auch ein paar Kilometer Vorsprung, so zu sagen Heimvorteil. Ich konnte auch ohne Geschmacks-und-Geruchsprobe diesen, euren Pilz identifizieren. Es ist Tataaa: ein Herings-Täubling, Russ.xeramphelina.
Habe auch nichts anderes erwartete, bei dem Fundort. Auffallend ist der Geruch nach Heringslake, der auch beim Reiben und beim durchbrochenen Stiel bemerkbar ist. Mein Gatte mag lieber Bratheringe als Herings-Täublinge. Ich erinnere mich an unsere Kindheit, wenn es ein mageres Pilzjahr war und wir nach stundenlangen, vergeblichem Suchen im Rautal russische Offiziersfrauen trafen, hatten die ihre Körbe meist voll, mit Täublingen aller Art. Aber uns gefiel es nicht, immer erst den Hut anzuknabbern, um bei der Geschmacksprobe festzustellen, ob der Pilz essbar war oder nicht, zumal Täublinge roh teilweise leicht giftig sind. Ne, ne das haben wir den Russenfrauen überlassen, das konnte fast als ziviler Ungehorsam durchgehen.
Ihr seht, die Beschäftigung mit Pilzen ist für immer mehr Menschen ein anspruchsvolles Hobby geworden, und die Weiterentwicklung der Pilzkunde ist nicht dem Berufsmykologen vorbehalten.

Oberpilzinspektorin Villa schickt Grüße nach Schweden

09.09.07

Banale Gedanken an einem Sonntag

Gestern als meine Freundin bei mir zum Frühstück war, war sie nicht sooo gut drauf. Sie kritisierte einiges an meiner Haushaltsführung. Das habe ich zum Anlass genommen, mich heute ein wenig um "Diesen" zu kümmern und nicht wie geplant dem Festumzug 825 Jahre Zwätzen beizuwohnen. Dabei sind mir einige, ganz banale, lustige Dinge durch den Kopf gegangen. Zum ersten Kritikpunkt E., was hast du gegen meinen Friedhof der Kuscheltiere? Diese Küchenlampe hat wirklich eine merkwürdige Form, so gebogen nach oben. Aber stell dir mal vor, ihr kommt nachher zum Kaffeetrinken und die Viecher würden überall herum flattern. Den Gatten heute vor die Aufgabe gestellt, dieses Leuchtelement zu säubern, meinte gerade heute wäre der (wieder einmal) letzte Tag die Steuererklärung 2006 zu machen. Die Abmahnung kam schon als wir im Urlaub waren. Das habe ich eingesehen und nun sitzt er schon wieder in seiner Redaktion und arbeitet.
Dein zweiter Kritikpunkt war, dass das Blumenwasser so stinken würde, nachdem der Herbststrauß gerade entsorgt wurde. Meine Liebe, schaffst du es, dass das Blumenwasser am nächsten Tag noch wie Rosenwasser riecht? Wenn ja, verrate mir bitte den Trick. Gut, den grünen Daumen hatte ich noch nie und mir war heute beim putzen! aufgefallen, dass ich schlichtweg vergessen hatte, nach Weihnachten unsere Weihnachtsterne zu entsorgen. Nun stehen sie da, vom Liebsten immer gegossen und sehen aus wie eine mittlere Hanfplantage. Ich bin mal gespannt, ob sie wieder rote Blätter kriegen. Das müsste aber so langsam anfangen, denn Weihnachtsgebäck habe ich gestern beim Einkaufen schon gesehen. Dein dritter Punkt, war das Bügelbrett. Ich hatte es extra in einem fernen Zimmer versteckt, aber du hast es gefunden. Ja ich hasse bügeln wirklich und es gibt immer noch Urlaubswäsche die nicht gebügelt ist. Aber deshalb steht das Teil nicht da. Auch das kann ich dir erklären. Immer wenn ich viel Wäsche habe, spuckt meine Waschmaschine und gelegentlich auch der Trockner Kleingeld aus. Damit füttere ich meine Sparpitpulls. Du wirst nicht glauben, was da im laufe der Zeit so alles zusammen kommt. Aber es dauert eben, und ich teste gerade, ob das Bügelbrett und das Bügeleisen, diesen Vorgang beschleunigen können. Teile dir das Ergebnis dann mit.
Beim heutigen sortieren unserer Urlaubspost, fand ich eine Karte von LTU. Scheiße, ich hatte sie beantragt im letzten Jahr, um mehr Havannaclub aus Cuba einführen zu können. Ich hätte sie wieder kündigen müssen, habsch aber vergessen und LTU war so freundlich mir wieder eine neue zu schicken. Meine blöde Plastikkartensammlung sprengt jede Geldbörse und bald auch meine Handtasche. Ich werde mal für das Enkelmädchen ein Familienquartettspiel aus diesen bunten Karten basteln. Wer die "Goldene" zieht, hat verloren und muss bezahlen. Beim Aufräumen habe ich auch alte Geschenkgutscheine gefunden und ich werde nächste Woche sehen, ob sie schon verfallen sind. Wäre echt schade drum.
Lieber Phillipp, auch über dich habe ich mir heute so meine Gedanken gemacht. Bei so einem Plauderstündchen in der Sitzblockade erfährt der Mitstreiter so allerlei. Du bist also auch so ein Baumarktsteckerzieher der verhindert, dass der potente Hobbyheimwerker durch gezielte Werbung animiert wird, es selbst zu versuchen und nicht überteuerten Handwerksbetrieben das Feld zu überlassen. Ich verstehe deine Antriebskraft, fand deine Beschreibung sehr lustig, wie du immer versuchst an die Quelle des Stroms zu kommen. Warst du es etwa, der den Nazis gestern den Strom gekappt hast?
Auch habe ich Sensationelles erfahren von dir. Du übst also im stillen Kämmerlein Gitarre. Gut, übe schön fleißig weiter, damit du beim nächsten Familienfest auch mal die Liedauswahl treffen kannst und in unsere Band aufgenommen wirst. Herbstfest ist ab nächstem WE und die Bühne wartet auf uns. So Formel 1 ist gleich zu Ende, die Freundin kommt zum Kaffeetrinken, wollte Kuchen backen und es erwartet sie eine aufgeräumte Wohnung.
Bei dem blöden Aufräumen, kann man seine Gedanken so schön ordnen, darum der lange Text.
Villa

07.09.07

Kunst und Kampf am Freitag


Die erste Woche Arbeit ist nach dem Urlaub auch wieder absolviert und so beschloss ich, den heutigen Tag mit einigen Unternehmungen fortzuführen. Ich wollte schon seit längerer Zeit die neue Installation in der Johannisstraße ausprobieren. Dachte ich doch es wäre eine Kontaktbörse oder so was ähnliches und so wartete ich geduldig auf die Stimme, die mir Geistesblitze einhauchte. Welche verrate ich nicht, probiert es selber aus.

Danach begab ich mich mit zwei Kolleginnen ins Stadtmuseum um mir die neue August Macke& Cuno Amit Ausstellung anzusehen. In Jena gab es 1912 eine einzige gemeinsame Ausstellung der beiden Künstler aus der Künstlergruppe "Blauer Reiter" und "Brücke" und es sollte eine Wiederholung oder ein Anknüpfen an diese Ausstellung sein. Mit fast 150 Werken war sie auch sehr umfangreich und Erik Stephan hat es wieder einmal geschafft, schöne Bilder nach Jena zu holen. Danach waren wir noch im Kaffeehaus. Das hätte ich nicht tun sollen, denn später sollte sich das noch bitter rächen. Da morgen in Jena ein Großereignis für die extreme Rechte, mit Publikum, Rednern und musikalischer Begleitung aus Europa angesagt ist, galt es offen dagegen aufzutreten. Aus juristischen Gründen war es notwendig, den Protest als Sitzblockade auf dem Seidelparkplatz zu gestalten. Mit unserer Anwesenheit (gemeinsam mit Phill.) wollten wir demonstrieren, dass Faschisten nicht erwünscht sind und sie sich ihr "Fest der Völker" in den A... stecken können. Der Fußboden war kühl, meine Blase voll und die Dixis, die abgeladen wurden, waren die der Nazis, also braune Scheiße. Fast war ich erleichtert, als die Polizei uns forttrug, so konnte ich mich endlich erleichtern. Aber ich bin nicht erleichtert, da es morgen ein Forum der Selbstvergewisserung der chauvinistischen Teile der politischen Rechten geben wird. Etwas anderes hat mich auch befremdlich gestimmt. Nach meinem Abtransport durch die Polizei, klopfte mir ein junges Mädel aus dem "Schwarzen Block" auf die Schulter und murmelte: Taff. Wie bitte soll ich das deuten? Ist Protest ein ausschließliches Vorrecht der Jugend? Ich jedenfalls werde auch morgen wieder auf der Matte stehen und mich aus meinem antifaschistischen Grundverständnis heraus wehren. Jena ist nicht braun!!!
Villa mit Phillipp an ihrer Seite. Der Gatte war dienstlich da und hat fotografiert.