30.11.09

Den Stier bei den Thüringer Hörnern gepackt

Von Cuentacuentos


Auch wenn wohl die wenigsten Jenenser Afficionados (zu Deutsch: begeisterte Anhänger) des spanischen Stierkampfes sein dürften, so hat sich doch erwiesen, dass wackere Thüringer an einem Rabo de Torro (zu Deutsch: Ochsenschwanz) Geschmack finden können.

Mit meinem schon vor über 25 Jahren aus Andalusien mitgebrachten Rezept betrat ich gestern die Arena (zu Deutsch: Villas Küche). Und hier ist das erste Eingeständnis nötig: Im Grunde genommen, habe ich kein Rezept. Ich habe den auf spanische Art geschmorten Ochsenschwanz in einem kleinen Restaurant in Benalmadena zum ersten Mal gegessen und wurde zu einer Afficionada dieses Gerichts. Ich, die ich normalerweise eher der fleischarmen bis vegetarischen Kost zuneige, verwandele mich nämlich von Zeit zu Zeit in eine fleischfressende Berliner Pflanze, und bei keinem Fleischgericht läuft mir dann mehr Wasser im Mund zusammen. So habe ich den Rabo de Torro seither immer wieder „nachgekocht“ und die Zutaten dabei variiert. Was man nicht weglassen kann, ist der Ochsenschwanz.



Rabo de Torro - nach spanischem Rezept geschmorter Ochsenschwanz


Man kaufe also Ochsenschwanz (seit BSE sollte man ihn beim Fleischer seines Vertrauens bestellen, denn die wenigsten Metzger haben ihn noch regelmäßig im Angebot). Und hier nun eine Liste der wichtigsten Zutaten plus weiterer Beigaben, die nach Geschmack hinzugefügt werden können:

Ochsenschwanz (pro Esser ca. 500 g, vom Metzger zwischen den Wirbeln zerteilen lassen)
Zwiebeln (pro Esser 1-2)
Knoblauchzehen (eine auf 1 kg Fleisch)
Möhren (pro Esser 1-2 mittelgroße)
¼ l trockenen spanischen Rotwein (z.B. Rioja)
Salz
Paprika (rosenscharf)
Selleriesalz
Thymian (frisch und/oder gerebelt)
2-3 Lorbeerblätter
reichlich Olivenöl

Außerdem kann man hinzufügen:
Schalotten oder Lauchzwiebeln
spanischen Serrano-Schinken (pro Kilo Fleisch 50 g)
¼ - ½ in nicht zu kleine Stücken geschnittenes Sellerieknolle
4-5 Pimentkörner
2-3 Wachholderbeeren
Einige je nach Größe halbierte oder geviertelte Kartoffeln
(Bei den Gemüsezutaten bedenken: Dies ist ein Fleischgericht – je mehr verschiedene Gemüse, umso weniger von jeder Sorte.)

Und so haben Villa und ich den Rabo de Torro zubereitet, nachdem wir uns auf dem Weihnachtsmarkt mit einem Glühwein Küchenmut angetrunken hatten:

Die Ochsenschwanzstücke waschen, mit Salz einreiben und in reichlich Olivenöl ringsherum anbraten. Bei kleineren Mengen kann das Anbraten im Topf erfolgen, und das Fleisch wird dann mit kochendem Wasser abgelöscht. Wir haben in einer Pfanne angebraten, gleichzeitig Wasser und Gewürze zum Kochen gebracht und die angebratenen Fleischstücke dann in die kochende Flüssigkeit gegeben, das in der Pfanne verbliebene Öl zuletzt. Kurz bevor das Fleisch ringsherum gebräunt ist, die in Würfel geschnittenen Zwiebeln mit ins Öl geben und glasig werden lassen.
Die in dünne Scheiben geschnittenen Knoblauchzehen, werden mit Salz bestreut und nach einigen Minuten mit einer Gabel zerdrückt, Sie können schon beim Braten hinzugefügt oder später in die kochende Brühe gegeben werden. Den in Würfel oder feine Streifen geschnittenen Serrano-Schinken zu dem Fleisch in die Brühe geben und den Rotwein hinzufügen.
Das Fleisch benötigt 3-4 Stunden, bis es so weich ist, dass es sich fast vom Knochen löst. Das gewaschene und in relativ große Stücke geschnittene Gemüse (Schalotten nur schälen und ganz lassen) wird erst eine halbe bis eine Stunde vor Ende der Garzeit hinzugefügt, denn es soll nicht zerkochen.
Alles wird nur mit wenig Flüssigkeit auf die Teller gegeben. Diese Soße kann nach Geschmack mit etwas Mehl gebunden werden. Wir haben sie klar gelassen. Der Rest der Brühe kann als kräftige Suppe gegessen oder nochmals zum Garen von Gemüse aufbewahrt werden. Als Beilage und zum Aufstippen der Brühe auf dem Teller wählt man ein Weißbrot, das etwas mehr Biss als normales Baguettebrot haben sollte, und als Tischgetränk am besten den Rotwein, den man zum Kochen verwendet hat.

Das Ergebnis war ein kräftiges Essen, das gut auch in den deutschen Winter passt. Die anwesenden Herren haben sich jedenfalls als mutige Stierkämpfer erwiesen, denen die Señoritas gerne außer dem Schwanz des Stieres auch noch die Ohren zuerkannt hätten, aber die wollten sie nicht mehr. Sie waren satt.

Cuentacuentos aus Villas Küche

29.11.09

Von Maria Vill und David Mannstein zurück zu Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller

Von Cuentacuentos

Bei meinem Besuch in Jena an diesem Wochenende hatte ich Gelegenheit, die am 7. November eingeweihte neue Attraktion der Stadt zu besichtigen, wobei in diesem Fall von Besichtigung zu sprechen, eine schamlose Übertreibung ist. Tatsächlich hätte ich über drei Tage, unausgesetzt lesend, ausharren müssen, um den Briefwechsel zwischen den beiden großen deutschen Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller komplett zu lesen. Das ca. 30 Meter lange LED-Schriftband befindet sich an der Fassade des Neubaus Unterm Markt 1, wo damals das Kirstensche Haus stand. Die Installation, auf den ersten Blick so nüchtern und sachlich wie ein Nachrichtenticker, ist durchaus geeignet, den Betrachter zu fesseln, hat er sich einmal darauf eingelassen, dem in vortreffliche Worte gesetzten Gedankenaustausch zu folgen. Um die vom lange in den Nacken gelegten Kopf leicht steif gewordene Muskulatur wieder zu entspannen, empfiehlt es sich, die Aufmerksamkeit dem anderen Teil der künstlerischen Installation zuzuwenden, 60 ins Pflaster des Markplatzes eingelassene, handtellergroße Bronze-Bodenplatten mit 30 verschiedenen Blattmotiven. Sie markieren den Spazierweg, den die beiden Dichter am 20. Juli 1794 bei ihrer ersten persönlichen Begegnung nahmen, sich dabei über die Metamorphose der Pflanzen austauschend, und der vom Bachsteinschen Haus, das sich an der Stelle des heutigen Parkplatzes hinter dem Rathaus befand, zum Kirstenschen Haus führte, in dem Schiller vom Mai 1794 bis zum April 1795 wohnte.


Im vergangenen Jahr hatte die Stadt Jena zwölf deutsche Künstler eingeladen, anlässlich des 260. Geburtstags Goethes und des 250. Schillers einen Entwurf für ein Kunstwerk vorzulegen, welches die schicksalhafte Begegnung der beiden Dichterfürsten im Jenaer Wunderjahr 1794 zum Thema haben sollte. Den damit verbundenen Botho-Graef-Kunstpreis für zeitgenössische Kunst dem Berliner Künstlerpaar Maria Vill und David Mannstein für ihre Arbeit mit dem Titel „Intellektuelle Zweisamkeit“ zuzuerkennen, halte ich für eine gute und hintersinnige Entscheidung, denn die intellektuelle Zweisamkeit ist der intellektuellen Einsamkeit ganz offensichtlich vorzuziehen. So freut sich in mir die Berlinerin, mehr aber noch die Jena-Liebende. Da ich dies am 1. Advent schreibe, sei noch erwähnt, dass ich auch die Entscheidung, dem Jenaer Weihnachtsmarkt durch historische Rummelplatzattraktionen ein anderes Gesicht zu geben, sehr begrüße. Aber zu diesem Thema hat Villa schon einen anschaulichen und Stadtkenntnis beweisenden Bericht geschrieben.


Danke liebe Cuenta für deinen Besuch und deinen schönen Bericht. Schiller lässt die Jungfrau von Orlean fragen " Wie kommt solcher Glanz in meine Hütte?" Nun, ich weiß wer meine Hütte glänzen ließ - lieber Besuch aus Berlin!

Jenaer Weihnachtsmarkt 2009


Jena hat sie wieder, die weihnachtliche Glückseligkeit auf dem Weihnachtsmarkt. Bei fast subtropischen Novembertemperaturen schnitt Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter den obligatorischen vier Meter langen Weihnachtsstollen der Stadtbäckerei an und wenig später war der Bauer-Glühweinstand umlagert, als würde sibirische Kälte herrschen. Die große Neuerung in diesem Jahr, ist die Neuorientierung auf dem Eichplatz. Nicht mehr die lauten Fahrgeschäfte stehen im Vordergrund, sondern erstmals ist eine Eisbahn der Anziehungspunkt. Und sie wird prima angenommen. Ich sah viele ihre Runden und Pirouetten drehen, einen älteren Herrn mit Weißbart, der sich so schnell auf dem Eis bewegte, als gelte es den Eisschnelllauf-Weltcup nach Jena zu holen, Kleinstkinder am Halte-Pinguin, die das Laufen gerade erlernt hatten und das Enkelmädchen mit neuen Schlittschuhen, die nach kurzer Zeit schon eine gute Figur machte. Noch ringe ich mit mir, aber in den nächsten drei Wochen werde ich mich sicher aufs Glatteis wagen. Sehr, sehr schön in diesen Jahr, die kleinen nostalgischen Fahrgeschäfte. Mit Cuenta bestieg ich gestern das nostalgische Riesenrad aus Holz von 1927 und in einer fast endlosen Runde hatten wir gute Gelegenheit, Eisbahn und die größte Weihnachtspyramide (15m) Thüringens von oben zu bewundern.
Der Weihnachtsbaum auf dem Weihnachtsmarkt ist von imposanter Größe und Statur (stammt aus Privatbesitz und die Familie ist sicher froh, dieses Ungetüm los zu sein), allerdings lässt der Baumschmuck etwas weihnachtliches Flair vermissen. Da könnte im nächsten Jahr ruhig etwas nachgebessert werden. Ansonsten baut die Stadt mit Konzept und Ausstattung den Jenaer Weihnachtsmarkt immer weiter zu einem der schönsten im Freistaat aus. An den Adventsonntagen fährt der Weihnachtsmann kostenlos mit der Kutsche durch die Johannisstraße und täglich 17.00Uhr begleiten die Turmbläser die Weihnachtsmarktbesucher. Programm bietet die Bühne und die Tombola des Lions-Club und der Kinderhilfe-Stiftung losen wieder für einen guten Zweck. Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr mit dem Hauptgewinn. Der Gatte wird wie immer einen schönen Weihnachtsbaum aussuchen und damit wie jedes Jahr bis zur letzten Minute warten.

Schönen 1. Adent und man sieht sich am Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt Villa

21.11.09

Tom Pauls sächselt in Jena


Der Kabarettist Tom Pauls lässt sich seinen Dialekt nicht von der Seele schleifen, ganz im Gegenteil. Als verwandlungsfähiger Darsteller, besonders in der Rolle der tratschenden Rentnerin Ilse Bähnert, gab er gestern im Großen Saal des Volkshauses, einen Kleinkunstabend in sächsischer Mundart.
Seine Bewunderung für die sächsische Mundartdichterin Lene Voigt brachte er als "Lauter gleenes Zeich zum Vortragen" unters Publikum. Aber auch aktuelle Bezüge z.B. der Wettskandal in der Bundesliga wurden auf die große Hausordnung gesetzt. Köstlich vorgetragen im Schillerjahr, kulturhistorische Lyrik auf sächsisch: De Graniche Des Ibigus und der Dr Handschuh.
Dorr säggs`sche Dialeggd ist unüberhörbar, liebenswert und regt zum Schmunzeln an. Was sagt der Sachse nach dem Sex? Ferdsch! ( fertig) Ich habe mir sagen lassen, die Enter-Taste auf der Computer-Tastatur in Sachsen hat auch diesen Aufdruck. Und genau diese drücke ich jetzt.

Ferdsch Villa

17.11.09

Eisenbahn in der Kunst

Heute besuchte ich die Ausstellung „Transfer – Feininger zeichnet“ Lokomotiven und Eisenbahnlandschaften — Karikaturen — Die Blaue Vier, im Einkaufscenter "Neuen Mitte" Jena. Eine weitere Aktion zum Bauhausjahr 2009. Schön die Idee, Kunst aus seiner musealen Behausung in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Das der deutsch-amerikanische Maler, Grafiker und Karikaturist Lyonel Charles Adrian Feininger eine besondere Affinität zu Lokomotiven und Eisenbahnlandschaften hatte, wusste ich bis dahin nicht.
Am 18. Februar 1906 reiste Feininger von München per Eisenbahn nach Weimar und musste in Jena umsteigen, dabei entstand eine Zeichnung der Gleise mit Leuchtsignalen am Westbahnhof.
Während ich die Ausstellung und Erklärungen der Blauen Vier (Feininger, Jawlensky, Kandinsky und Klee) betrachtete, fiel mir ein, dass sich in meinem Besitz auch ein Zeugnis "Eisenbahn in der zeitgenössischen Kunst" befindet.
Über eine geraume Zeit bekam ich, in regelmäßigen Abständen, Eisenbahnwagons der Firma Märklin geschenkt, ohne jemals je eine Schiene besessen zu haben. 1994 sollte Märklin für eine Ausstellung "Züge, Züge" limitierte Sondermodelle herausgeben. Zu spießig erwies man sich, als das Produkt die Entwicklungsabteilung verließ. Der Aufdruck Helmut Newtons "Smoking Nude" 1991 (der eine kniende Nackte mit hochgerecktem Hinterteil, aus deren Mund Rauch wie bei einer Dampflok quoll, zeigte) durfte das Werk nicht verlassen und der "Fehldruck" wurde eingestampft. Die wenigen Exemplare, die doch den Weg in die Freiheit fanden, betrachte ich als die blaue Mauritius der Modelleisenbahn. Dieser Zusammenhang wurde mir heute klar.

Wer Lyonel Feininger in einer größeren Ausstellung sehen möchte, den verweise ich nach Apolda. Das Kunsthaus Apolda Avantgarde zeigt noch bis Ende Dezember Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Radierungen und Holzschnitte in der Ausstellung: Lyonel Feininger und das Bauhaus Weimar - Dessau - New York.


Wenn ich nun noch meine blauen Mauritius versilbern könnte, wäre ich aus dem Gröbsten raus Villa

15.11.09

It's better to burn out than to fade away

"Es ist besser auszubrennen, als langsam zu verblassen." sang Neil Young 1979. Diese Woche feierte er seinen 64. Geburtstag. Als Musiker war er für mich ein Meilenstein meiner Musikentwicklung. Im vergangenen Jahr konnte ich ihn live bei einem Konzert in Coburg erleben. Was für ein Konzert, was für ein Musikerlebnis. Vom ersten Ton an Neil Young in Hochform. Die balladesken Stücke, die elektronischen Kracher einfach nur der Hammer. Gemeinsam mit fünf "alten" Männern, alle samt Freunde der Woostock-Ära, war ich wie im Trance bei diesem Konzert. Als dann beim letzten Song die vier Seiten der Les Paul zu Klump ging, war für die Fans, in der traumhaften Open-Air-Kulisse auf dem Schlossplatz, ein Traum wahr geworden. Für mich auch!

Lichterloh in Flammen Villa

14.11.09

Martinsgansessen in Jena

Den traditionellen Festtagsbraten zu St. Martin am 11.11. probierte ich im "Haus im Sack". Wieder habe ich feststellen können, dass die Betreiber dieser Gaststätte, Jenas graue Gastro-Wüste grüne Gastro-Wiese erfolgreich begrünen.


Nachdem ich noch im September diese launischen Schnabelschar kreuz und quer über Thüringer Wiesen jagte (aktives Muskelfleischtraining), wollte ich am Martinstag das Ergebnis überprüfend auskosten. Dass sie sich wirklich auf heimischen Wiesen fett gefuttert hatten, dessen vergewisserte ich mich höchstpersönlich vor dem Mahl in der Küche.

Viele Legenden und Bräuche ranken um die Martinsgans. Vom ritterlichen Reiter, der mit dem frierenden Bettler den Mantel teilt und sich später im Gänsestall versteckte, um der Wahl zum Bischof zu entgehen bis zur watschelten Schnatterschar, die seine Predigt störte ist die Rede.
Mir leuchtet am meisten diese volkstümliche Erklärung ein: Hauptzinstag

Am Martinstag begann das neue Wirtschaftsjahr des Bauern, dem Gesinde wurden die Löhne gezahlt, neue Pachtverträge wurden geschlossen und Steuern abgeführt, Knechte und Mägde konnten, wie an Lichtmess, den Dienstherrn wechseln. Zu Martini wurde das Vieh geschlachtet, das aus Kostengründen nicht den ganzen Winter hindurch gefüttert werden sollte. Dazu gehörten die Gänse; so ergab sich der Brauch, am Martinstag Gänsebraten zu essen. Die Gans war auch eine bevorzugte Zinsbeigabe an den Grundherrn, Tribute waren oft bezahlbar in Form von Gänsen.

Nun, mein Zinseszins wird das Hüftgold sein, welches ich im Laufe der Zeit anhäufe, aber Gold liegt ja zur Zeit bekanntlich GANS hoch im Kurs.


Im Sack wird die kulinarische Tradition mit Geschichte zu Kartoffelklößen, Wirsing und Rotkohl serviert, sehr reichlich und gut gewürzt. Auf Gänsewein (Wasser) haben wir verzichtet, stattdessen den guten Tropfen von Saale/Unstrut gewählt.

In Indien steht die Gans als Vogel der Weisheit und Reinheit in allerhöchstem Ansehen. Wenn man da als Großgans bezeichnet wird, als Mahahamsa, dann ist das ein unglaubliches Kompliment.

Gänseliesel Villa

08.11.09

Fanø - eine Trauminsel

Jedes Jahr im Herbst verbringe ich mit Freunden und Familie eine Woche in Dänemark. Der November bietet ungeahnte Schönheiten an Ost- und Nordsee.
In diesem Jahr war es die nördlichste Insel im fantastischen Wattenmeer (ab 2010 ein Teil des Nationalparks). Fanø, nur mit der Fähre zu erreichen (der Preis dafür grenzt allerdings an Wegelagerei.), ist nur 16 km lang und 5 km breit.
Alles neu macht der Herbst, zumindest in Sønderho, der Inselperle, dem vielleicht schönsten Dorf Dänemarks. Hier rangiert Qualität vor Quantität und zur Zeit werden die Reetdächer in bewährter Tradition aus Naturbaustoffen neu gedeckt.
Phantastisch die weitläufigen, wüstenähnlichen Sandbänke, der Abschnitt für Autos ist 500 Meter bis 1 km breit und 12 km lang, verführten uns zu einer Auto-Strand-Rallye. Das Gefühl, dort lang zu fahren, war so genial, dass ich nach 18 Jahren Fahrabstinenz selbst wieder ans Steuer wollte und auch gefahren bin. Die Insel ist auch ein Eldorado für Drachenflieger und Tierbeobachtungen. Die Rehe und Vögel spazierten ganz gelassen um unser Ferienhaus. Mit dem Holzkutter M/S Fanø begaben wir uns auf Robbensafari. Bei schönem Wetter kann jeder, bei 5°C und eisigem Seewind waren wir dagegen die einzigen Verrückten, die sich auf hohe See wagten. Begleitet hat uns dabei der Musiker Peter Uhrbrand, welcher die Fanø-Musiktradition hochhält und sie mit Jazz mischt. Musiziert hat er nicht an Deck, aber uns schön die Robbenpopulation der Region erklärt. Endlich kennen wir den Unterschied zwischen Seehunden und Kegelrobben. Auch auf der Suche nach Göttertränen - den goldgelben Schätzen des Meeres - waren wir erfolgreich. Zum Bau eines neuen Bernsteinzimmers reichte es aber nicht und der aufrechte Gang fiel schwer nach der Suche.

Spannend war wie immer unsere Speisefolge. Internationale Köstlichkeiten standen ebenso auf dem Plan wie frischer dänischer Seefisch. Zur Steierischen Kürbissuppe mischten wir Tupinambos, am Jenaer Jenzigberg eigenhändig angebaut. Bei der Käseplatte hatte sich der verführerische Franzose mit dem bodenständigen Harzer vermählt.
Eine Spezialität und Fanøs Nationalgericht ist "Bakskuld". Ein frisch, gesalzener, geräucherter und getrockneter Flachfisch, welcher enthäutet, in der Pfanne gebraten und zu Schwarzbrot gegessen wird. Lecker!

Das Wertvollste an dieser Woche war die gemeinsame Zeit, die wir mit Freunden, meinem Bruder und seiner Frau hatten.






Nebelbunte Herbstgrüße Villa