13.03.11

Wird Fukushima ein zweites Tschernobyl?

Über das tatsächliche Ausmaß der Folgen der Explosion im Kernkraftwerk Fukushima kann ich mir noch kein Urteil bilden. Die Informationspolitik der japanischen Regierung erinnert aber verdammt an die skandalöse Verharmlosungstaktik nach dem Gau im AKW Tschernobyl. Wir alle haben die verstörenden Bilder nach Beben und Tsunami in Japan gesehen und sind nun im Unklaren, ob im Inneren des Reaktors die Kernschmelze bereits begonnen hat oder nicht.
Zweimal war ich im Großraum Tschernobyl und konnte die Auswirkungen der Katastrophe vom 26. April 1986 dokumentieren.

"Radioaktive Gefahrenzone - Befahren und Betreten verboten", mit diesen Warnschildern am Straßenrand wurden wir mehrfach konfrontiert, als wir aufbrachen in die "Verbotene Zone". Obwohl das KKW Tschernobyl in der Ukraine liegt, waren auf Grund der im April 86 herrschenden Wind- und Regensituation auch große Gebiete im Südosten Weißrußlands radioaktiv verseucht. Unsere Dosis-Messungen in den evakuierten Regionen zeigten eine deutlich erhöhte Luft- und Bodenradioaktivität. Besonders problematisch sind die langlebigen Isotope Cäsium 137 (Halbwertzeit 30 Jahre), Strontium 90 (HWZ 29 Jahre) und Plutonium 239 (HWZ 24400 Jahre). Sie verhindern auch in ferner Zukunft Bewohnbarkeit. Zwischen den Großstädten Gomel und Mogiljow wurden knapp 3000 km2 mit etwa 130000 Menschen evakuiert. Aber nicht alle Bewohner ließen sich umsetzen und leben auch heute noch illegal in den verseuchten Gebieten. Da sie sich ohne staatliche Genehmigung dort aufhalten, erhalten sie auch kaum medizinische Hilfe. Sie leben autark. Durch die jahrelange chronische Strahlenbelastung, besonders dem Verzehr radioaktiv verseuchter Lebensmittel, leiden alle unter strahlenbedingter Schwäche des Imunsystems. Es zeigt sich ein hoher Anstieg der Erkrankungsrate verschiedener bösartiger Tumorerkrankungen (z.B. Schilddrüsenkarzinome).

Über eine Zunahme der Chromosomenschäden wurde uns berichtet und wir sahen häufiger Kinder mit Trisomie 21 (Mongolismus).
Viel Wärme und Herzlichkeit wurde uns entgegengebracht und unsere humanitäre Unterstützung dankbar angenommen. Mein Gastkind Vera lebt in der Region Krasnopolje nahe der "Verbotenen Zone"unter für deutsche Verhältnisse kaum vorstellbaren Bedingungen.
Ich bekam eine Karte geschenkt, die präzise den Weg der radioaktiven Wolke und die betroffenen Gebiete in Weißrußland zeigt. Mein Kollege PD Dr. Jürgen Füller hat die gemessene Strahlenexposition ausgewertet und über die biologische Strahlenwirkung publiziert.

Mit großer, großer Sorge verfolge ich die Entwicklungen in Japan.
Villa

Wie immer: Doppelklick macht Fotos groß

2 Kommentare:

  1. Großen Dank für deine Bilder. Sie sind so ergreifend, dass Worte fehlen.

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  2. Danke!
    Es gab eine putzige Begebenheit. Meine Leidenschaft für Pilze ist ja bekannt. Ich habe dort einen großen Beutel radioaktiv belasteter Pilze gesucht und wollte sie in Jena auswerten lassen. Zwei Tage Rückfahrt im warmen Bus...Sonntagabend deponierten wir sie auf dem Schreibtisch unserer Sekretärin im Bunker. Montagmorgen war der Beutel explodiert und hunderte Riesenmaden krochen über Akten und Büromaterialien. Das war vielleicht eine Sauerei!
    Auswerten konnten wir sie nicht mehr.
    Grüße ins Castle Krause

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