05.08.12

Straßenmusikanten erobern im Doppel die Kulturarena

Max Prosa und Felix Meyer im Konzert auf dem Theatervorplatz

Selten verpasse ich die "Freitagsfrischen Melodien" meines verehrten Blogkollegen Pest Krause, und als er vor zwei Jahren über den jungen Felix Meyer schrieb, ahnte ich nicht, dass dieser als Vertreter der "neuen deutschen Musikszene" ein Schwerpunkt des Kulturarenafestivals 2012 in Jena sein wird. Ich wurde aber auf ihn aufmerksam und die Scheibe "Erste Liebe/letzter Tanz" lief oft in der heimischen Küche.



Herr Pest Krause schrieb damals:
"Ich habe da einen Straßenmusiker entdeckt. Steht seit Tagen bei uns hier an der Ecke. Musst du antesten."  Einer, der aus Profession Fußgängerzonen beschlendert, überbrachte Herrn Krause den Tipp und den Namen Felix Meyer. "Sicher, klar, Straßenmusik", dachte Seine Pestilenz. "Bitte nicht noch so einer, der schimmelschrammelklampfend an Heaven's Door knockt." Doch der Tippgeber blieb ungewohnt hartnäckig und schob wenig später einen Tonträger über den Tisch. Mit den besten Wünschen.
Und Herr Krause saß und betrachtete eine angenehm understatementöse CD-Hülle. Schlicht, mit Typewriter-Fonts und guten Bildern. Vorn drauf Herr Meyer selbst mit Rauchwerk vorm Gesicht, Schmalhans Küchenmeister. "Na dann wollnwa mal", dachte Seine Pestilenz schicksalsergeben und schob die Scheibe in den Player. Und dann dachte er nur noch: "Wow". Und dann gab er das Denken auf.
Wo genau dieser Mann, dieser Herr Meyer, dieser schmale Felix diese Stimme herholt, bleibt sein Geheimnis. Voll ist sie, voluminös, klagend, rauh. Gänsehäutig. Ein Organ zum Niemalsvergessen. Wo Meyer jedoch seine klaren Geschichten, seine abgehangene Lyrik, seine schmelzfreien Gefühlsnotizen herholt, ist definitiv kein Geheimnis: Ein Leben lebt sich im besten Falle eben nicht ohne Spuren in Geist und Gemüt. Die Jahre der Tingelei über Europas Straßen und Plätze haben sich außerdem gekonnt im Hinterkopf eingenistet, und so kann die Auf-den-Punkt-Kapelle, die Felix Meyer ungeheuer begnadet begleitet, eine wunderbar entspannte Chanson-Folk-Pop-Lautmalerei kredenzen. Und dass das auf dem Asphalt und den Pflastersteinen der Republik erstaunlich gut funktioniert, zeigen zahlreiche Passanten-Mitschnitte der Tour zum Debut-Album "Von Engeln und Schweinen" auf dem Portal mit dem Ypsilon.
Und so bleibt Herrn Krause nur - und diese Bitte richtet sich auch an Sie, geneigte Rezipienten - die Augen in den Fußgängerzonen dieser Welt künftig wieder weit zu öffnen. Es könnte ja ein Juwel an der nächsten Ecke stehen. Und wenn es der Herr Meyer ist (und Sie werden die Stimme mindestens schon vorn am H&M erkannt  haben, obwohl die Band sich zwischen Nordsee und Nanu-Nana platziert hat; Sie können dieser Ortsbeschreibung in jeder Stadt folgen, alle Innenstädte sind gleich) dann gilt Parole "Stehenbleiben. Lauschen. Tonträger erwerben."


Der Straßenstaub scheint abgewaschen, Felix Meyer und seine fünf Begleitmusiker begeisterten am Samstag textsichere Fans und Interessierte mit wunderbaren, musikalischen Bildergeschichten. Die Arena füllte sich anfänglich etwas spärlich, viele Besucher waren wohl von der ungewöhnlichen Anfangszeit 19.00 Uhr überrascht. Felix Meyer forderte die Ränge auf, aufzustehen und zum Tanzen nach vorne zu kommen. Beim letzten Titel der heftig geforderten Zugabe fiel das Mikro aus und da zeigte der Straßenmusikant, dass er auch sehr gut ohne Technik das Lied "Der Wind trägt uns davon" zu Gehöhr bringen kann.

Den zweiten Teil des Abends bestritt der Liedgut-Poet Max Prosa

Diese Songwriter-Entdeckung war neu für mich. Der charismatische Lockenkopf stellte Titel seines Debütalbums "Die Phantasie wird siegen" vor und überzeugte mich mit seinen eigenen Beobachtungsperspektiven auf die Gesellschaft. Mit großer Leidenschaft intonierte er seine Lieder.



Nun ist Halbzeit im Sommerfestival. Felix Meyer und Max Prosa haben ihr Doppel in Jena gewonnen. Kommende Woche freue ich mich auf AL DI MEOLA (ausverkauft!) und Pest Krause, der dieses Konzert mit mir besuchen wird.
Villa

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